Parteienfusion ohne Effekte

Seit Mitte dieses Jahres steht es offiziell fest - die beiden größten und ältesten neonazistischen Parteien Deutschlands NPD und DVU wollen fusionieren. Die praktischen Auswirkungen der „Verschmelzung“ dürften wohl überschaubar bleiben.

 
Kundgebung der DVU in Potsdam (2009)

Eine gekürzte Fassung des Beitrags erschien am 16. Dezember im „monitor – Rundbrief des apabiz“

Die beiden Neonazi-Parteien haben sich einen engen Zeitplan gesetzt – ab Anfang 2011 soll es nur noch eine Partei mit dem Namen „NPD. Die Volksunion“ geben. Mit Blick auf mehrere Landtags- und Kommunalwahlen im kommenden Jahr möchten die rechten Strategen sich wohl den Rücken freihalten. Doch die Zeit wird knapp. Zwar stimmten die Delegierten der NPD und DVU auf ihren außerordentlichen Bundesparteitagen im November und Dezember deutlich für die Fusion, doch die schriftliche Urabstimmung unter den Mitgliedern der DVU steht noch immer aus.

Während die Fusion bei der NPD durchgewunken wurde, sorgte der DVU-Parteitag am 12. Dezember im thüringischen Kirchheim für Aufsehen. Die Landesvorsitzenden aus Berlin, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die einem Zusammenschluss mit der NPD bereits im Vorfeld des Parteitags eine Absage erteilten, verließen unter Protesten das Geschehen. Schon seit Monaten liefern sich Funktionäre – zum Teil – juristische Auseinandersetzungen und öffentliche Schlammschlachten. Mit Matthias Faust, Ingmar Knop und Heiner Höving haben gleich drei Funktionäre der DVU schon Nägel mit Köpfen gemacht und sich lange vor einer Parteitagsentscheidung und der Urabstimmung in den Bundesvorstand der NPD wählen lassen.

Gegen einen Zusammenschluss sprachen aus Sicht der NPD Verbindlichkeiten in Höhe von knapp einer Million Euro, welche die DVU gegenüber ihrem ehemaligen Vorsitzenden und Altnazi Dr. Gerhard Frey noch vor wenigen Wochen zu tilgen hatte. Im von den Berliner Rechtsanwälten Dr. Martin Wormit und Carsten Schrank ausgearbeiteten „Verschmelzungsvertrag“ heißt es nun, dass Frey „auf diese Forderungen verzichtet, so dass Zahlungsansprüche gegenüber der DVU aus diesen Rechtsgründen unwiderruflich erloschen sind.“

Symbolcharakter für Berlin

In der Öffentlichkeit sind die NPD und die DVU in Berlin kaum wahrnehmbar. Trotz eines Machtwechsels im Februar dieses Jahres innerhalb des NPD-Landesverbands konnte die neonazistische Partei keine nennenswerten Aktivitäten entfalten. Man beschränkt sich fast ausschließlich auf nicht öffentlich beworbene Treffen. Hinzu kommen offenbar Streitigkeiten zwischen DVU-Landeschef Torsten Meyer und dem NPD-Mann Meenen. Am Rande einer Veranstaltung der „Deutschland-Bewegung“ im November kam es zu einem Wortgefecht zwischen den beiden, das erst durch Eingreifen der Moderation beendet worden sein soll.

Meyer und die anderen Vorstandsmitglieder der DVU lehnten auch ihre Teilnahme am letzten Landesparteitag der NPD ab, auf dem die Landesliste zu den Abgeordnetenhauswahlen 2011 gewählt wurde. Nach eigenen Angaben wurde ihm „mehrfach“ eine Nominierung angeboten, was er aber „unter den gegebenen Voraussetzungen abgelehnt“ habe. „Ausschlaggebend dafür waren für mich vor allem die Modalitäten der sogenannten Verschmelzung und einige politische Zielstellungen von Teilen dieser Partei, die nicht mit denen der DVU kompatibel sind“ so Meyer.

Damit wird nach aktuellem Stand trotz laufender Fusionsgespräche kein einziges Mitglied der Berliner DVU im kommenden Jahr für die NPD kandidieren. Meyer geht sogar noch einen Schritt weiter und erklärte vor wenigen Wochen: “Sollte eine „Verschmelzung“ beider Parteien stattfinden, so wird der Berliner Landesvorstand geschlossen den Schritt in die NPD nicht vollziehen.” Nur vier Tage nach dem Parteitreffen in Kirchheim, machte schonmal Meyer Nägel mit Köpfen und erklärte seinen Austritt aus der NPD-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung in Lichtenberg – die damit ihren Fraktionsstatus verliert.

Mehr als einen symbolischen Charakter hätte die Fusion in der Hauptstadt ohnehin nicht. Die NPD könnte vermutlich ihre Mitgliederzahl von derzeit knapp 300 auf 500 vergrößern, wobei sich aufgrund des Alters und der Inaktivität der DVU-Mitglieder der Aktionsradius der Neonazis nicht vergrößern würde.

Sollte der Landesvorstand der DVU tatsächlich nicht für die NPD zur Verfügung stehen, könnte sich die Bedeutung der NPD in der Hauptstadt noch weiter verringern. Dann wird auch die Wahl von Hans-Ulrich Pieper auf Listenplatz 2 bedeutungslos bleiben. Die Nominierung des Unternehmensberaters und Organisators der „Dienstagsgespräche“ Pieper, gilt Beobachtern als Anhaltspunkt für den Versuch der neonazistischen Partei sich rechtskonservative Strömungen zu öffnen. Der steigende Einfluss rechtspopulistischer und islamfeindlicher Gruppen und Parteien in Deutschland wird die neue alte Partei voraussichtlich zusätzlich Wählerstimmen kosten. Eines ist jedoch klar, mit Hilfe des DVU-Chefs Faust, hat sich die NPD ihres ältesten Konkurrenten auf elegante Weise entledigt.

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