Anschläge auf Gedenkorte

Die öffentliche Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen ist der extremen Rechten ein Dorn im Auge. Seit es in Berlin Denkmäler und Gedenkstätten für NS-Verfolgte gibt, werden sie von Neonazis angegriffen. Die Täterinnen und Täter werden selten gefasst. Nur wenige dieser Angriffe finden breitere mediale Aufmerksamkeit.

 

20. Juli 1969, Gedenkstätte Plötzensee, Charlottenburg: Hakenkreuze und Neonazi-Parolen an der Gedenkstätte Plötzensee

In der Nacht zum 20. Juli 1969 wird die Gedenkstätte Plötzensee geschändet. In der ehemaligen Haftanstalt wurden im National­sozialismus nahezu 3.000 Menschen ermordet. Nun malen Neonazis meterhohe Hakenkreuze auf die Wände. Rund um das Gebäude pinseln sie ein Hitler-Zitat auf den Boden. Im ehemaligen Hinrichtungsraum bringen sie eine antisemitische Parole an. Zuletzt vergießen sie Schmieröl, streuen Erbsen aus und blockieren den Zugang zur Gedenkstätte mit Schlössern und Ketten.

In Stellungnahmen und Erklärungen verurteilen einzelne Politiker und zivilgesellschaftliche Organisationen den Anschlag. Größere Proteste bleiben allerdings aus. Die Polizei setzt eine hohe Belohnung aus, um die Tat aufzuklären. Doch die Ermittlungen bleiben ohne Ergebnis.

Innenhof der Gedenkstätte Plötzensee | Foto: A.Savin, WikiCommons

Die Schändung der Gedenkstätte Plötzensee ist der bis dahin schwerste Anschlag auf einen Gedenkort für die Verfolgten des Nationalsozialismus. Die Gründung der West-Berliner NPD liegt damals drei Jahre zurück. Die Neonazi-Szene will Zeichen setzen.

Immer wieder gibt es in Berlin Angriffe auf Denkmäler und Gedenkstätten. So schänden Unbekannte 2015 das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma mit einem großen Hakenkreuz und dem Schriftzug „Vergasen“.

Viele kleinere Anschläge bleiben in der Öffentlichkeit zumeist unbeachtet. Nur in Einzelfällen regt sich breiter Protest. Nach einem Brandanschlag auf die sogenannten jüdischen Baracken in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen versammeln sich 1992 Tausende zu einem Schweigemarsch. Als Unbekannte 2017 in Neukölln zahlreiche Stolpersteine entwenden, spenden Bürgerinnen und Bürger in wenigen Wochen 14.000 Euro, um sie zu ersetzen.

 

Glossar

Die Gedenkstätte Plötzensee wird 1952 eröffnet. Im Nationalsozialismus als eine zentrale Hinrichtungsstätte genutzt, ist sie seitdem allen NS-Verfolgten ­gewidmet. Einen besonderen Stellenwert nehmen seit jeher die Widerstandskämpferinnen und -kämpfer vom 20. Juli 1944 ein, von denen viele in Plötzensee ­ermordet wurden.

Das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma besteht seit 2012. Unweit des Reichstagsgebäudes ­erinnert es an die Menschen, die während des Nationalsozialismus als „Zigeuner“ diffamiert, verfolgt und ermordet wurden. An den Völkermord an den Sinti und Roma ist in Deutschland jahrzehntelang kaum erinnert worden. 1992 beschließt die Bundesregierung einen nationalen Gedenkort.

Stolpersteine sind kleine Gedenksteine, die der Künstler Gunter Demnig auf lokale Initiative hin verlegt. ­Sie erinnern an Menschen, die während des National­sozialismus verfolgt und ermordet wurden und werden an deren letzter Wohnadresse in den Gehweg eingelassen. Die ersten Stolpersteine werden Mitte der 1990er-Jahre in Köln und Berlin-Kreuzberg verlegt. Heute gibt es mehr als 70.000 solcher Steine in über 20 Ländern.

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