Sowohl Schmidtke als auch Fank beklagten in ihren Reden „die schweren Verbrechen an den überlebenden Deutschen und europäischen freiwilligen Soldaten und Zivilisten“ (Schmidtke). Anlass für die Auswahl des Mottos war die zeitgleich stattfindende Sitzung der Neuköllner Bezirksverordneten-Versammlung (BVV), wo auch die Bezirksverordnete der Piraten Anne Helm anwesend war. Die Piratin hatte große Empörung vom Boulevard bis hin zur extremen Rechten ausgelöst und schließlich Rücktrittsforderungen und Morddrohungen kassiert, weil sie bei den Protesten gegen Nazis in Dresden auf ihren nackten Oberkörper „Thanks Bomber Harris“ geschrieben hatte.
So reproduzierten die Reden in Neukölln die gewohnten Opfermythen und den neo-nationalsozialistischen Geschichtsrevisionismus:. „Das Bild der bösen Deutschen und der selbstlosen Judenbefreier soll nicht ins Wanken geraten, doch das Bild der fried- und menschenliebenden Alliierten bröckelt, und zwar gewaltig.“[1] Schmidtke betitelte schließlich den „BRD-Staat, das Entnationalisierungskonstrukt,“ als den „fleischgewordene[n] Dämon des Morgenthau-Plans, der als Ziel die Zerstörung des Geistes, der Seele und des Leibes des deutschen Volkes“ habe. Er forderte „den allierten Holocaust am deutschen Volk nochmals in Erinnerung“ zu bringen und „ständig Klage zu erheben gegen die Lügen, die dieses System verkündet,“ um schließlich pathetisch-religiös zu fragen: „Wie lange wird man die Söhne und Töchter des deutschen Volkes kreuzigen?“
Maria Fank (RNF) versuchte sich in waghalsigen Begriffsumdeutungen und adressierte wie so oft die Gegendemonstrierenden: „Das ist der neue Faschismus, ein krankhafter Egoismus, welcher sich wie ein Krebsgeschwür durch das, unser geliebtes, Deutschland zieht, und versucht das deutsche Volk mit solchen menschenverachtenden Ansichten und Handeln zu vergiften.“ Das könne man an jedem erdenklichen Thema sehen: „Sei es die so genannten Flüchtlinge, Asylschmarotzer, welche ausgewiesen werden sollen, Sozialschmarotzer, welche sich in leerstehende Häuser einrichten, um fremdes Eigentum unbrauchbar zu machen, Homosexuelle und andere verwirrte Geschlechter oder eben Tote wie im November jeden Jahres Silvio Meier.“ Sie beendete ihren Redebeitrag nach einem eher wirren Rundumschlag gegen Gender Mainstreaming, Sexualerziehung, den „Volkstod“, die Grünen (zu denen sie fälschlicherweise die Piratin Anne Helm zählte) und den Protesten in Dresden mit dem Appell: „Gestalten wie Anne Helm haben nichts in der Politik zu suchen, sie sind Heuchler und Lügner. Anne Helm stelle sich mit einem blanken Busen auf die Straße und verhöhne weiter Menschen, welche sich nicht mehr wehren können. Das zeigt nur die Feigheit, und wie wenig Ehre du in dir trägst! […] Ich schäme mich, ich schäme mich wirklich, dass Menschen, Deutsche, Frauen und vor allem Kinder für solche Gestalten wie für Anne Helm ihr Leben lassen mussten!“
Neben den RednerInnen Schmidtke und Fank waren Jan Sturm und Sebastian Thom (NPD Neukölln), Dietmar Tönhardt (NPD Lichtenberg), Oliver Niedrich und Danny Matschke (Landesvorstand NPD Berlin) anwesend. Auch Benjamin Weise, der 2008 für die NPD im Landkreis Dahme-Spree kandidierte, war vor Ort. Weise war am 21. Dezember 2013 Anmelder und Leiter eines Nazi-Aufmarsches in Bestensee bei Königs Wusterhausen. Der Aufzug mit rund 100 Teilnehmenden richtete sich gegen eine geplante Übergangsunterkunft für Geflüchtete in Pätz (Ortsteil von Bestensee).[2]
Den wenigen Neonazis in Neukölln flogen am Mittwoch Eier und Gemüse entgegen, so dass sie sich unter Schirmen versteckten. „Die Lebensmittel solltet ihr lieber an euren Oranienplatz liefern, denn eure lieben Refutschis haben doch so viel Hunger, da wären diese Tomaten und Eier doch weitaus besser angebracht.“, kommentierte Schmidtke. Aufgrund der Proteste verfrachtete die Polizei – die sowieso große Mühe hatte, den Nazis trotz der mehreren hundert Gegendemonstrant_innen die Kundgebung zu ermöglichen – alle 10 NPD-Teilnehmenden in den kleinen Lautsprecherwagen, um sie nicht zu Fuß aus der Misere eskortieren zu müssen.
Die kurzfristig bekannt gewordene Kundgebung der NPD reiht sich ein in den seit einem guten Jahr steigenden Aktionismus einer sehr kleinen Gruppe von NPDlerInnen aus dem (neuen) Landesvorstand, die mit Kleinstkundgebungen und -demonstrationen mit um die 10 Teilnehmenden versuchen, auf der Straße Präsenz zu zeigen. Fast nie erreichen sie dabei dank zuverlässiger und lauter Gegenproteste von antifaschistischen und antirassistischen Berliner_innen die von ihnen adressierte „deutsche“ Öffentlichkeit.