Der Umgang mit Verschwörungserzählungen im privaten Kontext – Eine Auseinandersetzung mit besonderen Herausforderungen

Im Zuge der Corona-Pandemie ist teilweise offen antisemitisches Verschwörungsdenken sichtbarer geworden. Artikuliert wurden Verschwörungserzählungen nicht nur bei den Versammlungen gegen die staatlichen Eindämmungsmaßnahmen. Coronaleugnende Positionen und verschwörungsideologische Deutungen der Pandemie betrafen verstärkt auch Familien, Freundschaften und Partnerschaften. Anna Müller berichtet im Interview mit den „Berliner Zuständen“ aus der Beratungsarbeit der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) zu dieser besonderen Herausforderung. Ein Gespräch über Hinweise zum emotionalen Umgang mit der belastenden Auseinandersetzung, die Wichtigkeit, Grenzen zu setzen und Empfehlungen für die gesamtgesellschaftliche Bearbeitung.

 

Berliner Zustände: Einer der Arbeitsschwerpunkte der MBR im Jahr 2020 waren die rechtsoffenen Mobilisierungen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Zu welchen Herausforderungen hat die MBR in diesem Zusammenhang beraten und welche Akteure haben sich an die MBR gewandt?

Anna Müller: Eine Frage, die uns zunächst oft gestellt wurde, war, wie wir die Proteste auf der Straße einschätzen. Wer geht da auf die Straße und was verbindet die Teilnehmenden? Die Situation war von Anfang an sehr unübersichtlich. Wenn wir uns die ersten Proteste auf dem Rosa-Luxemburg-Platz noch einmal vor Augen führen, haben dort sehr unterschiedliche Menschen teilgenommen. Neben Menschen aus dem Umfeld der Kulturszene, die die Proteste initiiert hatten, waren dort von Beginn an auch rechtsextreme und rechtspopulistische Medienaktivist_innen und Anhänger_innen von Verschwörungserzählungen dabei. Neben zentralen Protesten gab es auch verschiedene Versuche, Aktionen in den einzelnen Bezirken durchzuführen. In Bezug auf diese Proteste und in letzter Zeit auch in Bezug auf die verschwörungsideologischen Autokorsos, die es in verschiedenen Teilen der Stadt bis heute gibt, wollen vor Ort engagierte Bündnisse und Initiativen von uns wissen, ob diese Veranstaltungen von lokalen Strukturen aus ihren Bezirken organisiert werden. Anfragen erhielt die MBR auch aus der Politik und Teilen der Verwaltung, die sich einerseits eine Einordnung der Proteste wünschten und anderseits Unterstützung suchten zum Umgang mit Äußerungen von coronabezogenen Verschwörungserzählungen, die den Verwaltungsmitarbeitenden im Kontakt mit Bürger_innen begegnen.
In den Beratungen und Fortbildungen haben wir den Anfragenden unsere Einschätzung vermittelt, wonach die Teilnehmenden der Proteste gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen ein sehr diffuses und heterogenes Spektrum bilden, das nicht pauschal als rechtsextrem oder rechtspopulistisch beschrieben werden kann. Was wir allerdings von Anfang an beobachtet haben, ist, dass sich weder die Veranstalter_innen noch der Großteil der Teilnehmenden von Rechtsextremen abgegrenzt haben, und wenn doch, dann waren es Lippenbekenntnisse. Als verbindendes Element unter den Teilnehmenden haben wir verschiedenste, teilweise offen antisemitische Verschwörungserzählungen ausmachen können, wie sie bei den sogenannten „Reichsbürgern“ ohnehin weiterverbreitet und auch in esoterischen und impfkritischen Milieus anzutreffen sind. Als weiteres verbindendes Element kommt eine Widerstandserzählung gegen „die da oben“ hinzu, die die Proteste für verschiedene Lager und eben auch für Rechtsextreme anschlussfähig macht. Viele Teilnehmende sehen dabei offenbar bewusst über antidemokratische Positionierungen ihrer Mitdemonstrant_innen hinweg – entscheidend ist für sie, dass sie sich gemeinsam im „Widerstand“ befinden.

Die moderne Gesellschaft ist komplex, und Entwicklungen sind in ihrer Vielschichtigkeit, Widersprüchlichkeit und Dynamik oft nur schwer zu verstehen.

Daraus resultiert auch eine gewisse Aggressivität und latente Gewaltförmigkeit in den Protesten, die sich zunächst vor allem am Rande von Aufmärschen gegen Personen mit Mund-Nasen-Schutz und Journalist_innen richtete. Wenn das eigene Weltbild aus Verschwörungserzählungen konstruiert wird und man aufgrund dessen den Staat, seine Institutionen und verschiedene gesellschaftliche Gruppen als Feinde betrachtet, dann liegt die Schlussfolgerung nahe, den Kampf gegen die selbst erklärten Feinde auch in die eigene Hand nehmen zu müssen. Dies kann durchaus Anschläge auf Personen, Gruppen und Einrichtungen zur Folge haben, die diese Feindbilder repräsentieren. Neben dem Feindbild Wissenschaft, das etwa hinter dem Brandanschlag auf ein Gebäude des Robert-Koch-Instituts steht, sind davon auch bestimmte gesellschaftliche Gruppen und Minderheiten betroffen. Gerade zu Beginn der Pandemie gab es eine Welle von rassistischen Angriffen gegen als asiatisch gelesene Menschen, die für Corona verantwortlich gemacht wurden.

Ideologien der menschlichen Ungleichwertigkeit
und Verschwörungsdenken sind kein Problem
„gesellschaftlicher Ränder“, sondern kommen auch aus der „Mitte“ der Gesellschaft.

Die MBR schreibt in ihrem Rückblick auf das Jahr 2020, die Auseinandersetzung mit Verschwörungserzählungen habe auch abseits von Versammlungen zunehmend Eingang in den Alltag vieler Berliner_innen gefunden. Was ist damit gemeint und wie macht sich dies in der Arbeit der MBR bemerkbar?

Im vergangenen Jahr hat sich in den Anfragen an die MBR bemerkbar gemacht, dass Berliner_innen in ihrem Freund_innen- und Bekanntenkreis sowie in ihren Familien verstärkt mit verschwörungsideologischen Äußerungen und Erzählungen konfrontiert waren. Dabei geht es um Auseinandersetzungen, denen schon allein aufgrund der persönlichen, emotionalen und oft auch räumlichen Nähe kaum ausgewichen werden kann und die eine große Unsicherheit hervorrufen. Man möchte niemanden vor den Kopf stoßen, der einem nahesteht. Besonders viele Anfragen bekamen wir im vergangenen Sommer, als die Straßenproteste einen Höhepunkt erlebten. Wir hatten mehrere Fälle, in denen sich Geschwister oder Ehepartner_innen plötzlich Verschwörungserzählungen zugewandt hatten und diese Erzählungen zu alltagsbestimmenden Themen in den Familien wurden. Beratungsnehmende berichteten uns davon, wie unverfängliche Unterhaltungen plötzlich umschlagen konnten und ein sachliches Gespräch gar nicht mehr möglich war.

Es ist in Ordnung, sich einzugestehen, nicht alle Prozesse vollständig zu durchschauen, und dieses Eingeständnis auch zu kommunizieren.

Anhänger_innen von Verschwörungserzählungen formulieren häufig den Vorwurf, dass Personen, die diese Erzählungen nicht teilen, die Wahrheit nicht erkennen würden. Der von Verschwörungsideolog_innen häufig wiederholte Vorwurf, dass sich ihr Gegenüber über angebliche Zusammenhänge nicht ausreichend informiert habe und die Wahrheit nicht erkennen wolle, kann so weit führen, dass die Betroffenen beginnen, an ihrer eigenen Urteilsfähigkeit zu zweifeln. Teil unserer Beratungsarbeit war es daher, unsere Beratungsnehmenden in ihrer
Wahrnehmung zu bestärken, dass es sich bei diesen verschwörungsideologischen Äußerungen um problematische, oft auch antidemokratische und antisemitische Aussagen handelt, und sie über die Struktur, Wirkungsweise und Dynamik der Erzählungen und Narrative zu informieren.

Worin bestehen die besonderen Herausforderungen, Personen zu beraten, die in privaten oder gar engen familiären Kontexten mit Verschwörungserzählungen konfrontiert sind?

Wenn es um private Kontexte geht, spielt die emotionale Belastung häufig eine große Rolle. Das trifft nicht nur auf Beratungen zum Umgang mit Verschwörungserzählungen zu, sondern gilt auch für andere Bereiche unserer Arbeit, etwa wenn es um rechtsextreme Bedrohungen geht. Das Problem verschärft sich in einer Pandemie-Situation, in der sonst vorhandene Austauschmöglichkeiten mit Dritten drastisch eingeschränkt sind. Ein Augenmerk liegt in unseren Beratungen daher darauf, gemeinsam mit den Beratungsnehmenden nach möglichen Verbündeten zu suchen: Wer ist noch in Kontakt mit der Person, die Verschwörungserzählungen anhängt, und kann positiv Einfluss nehmen? Wo finde ich als Bezugsperson einen geschützten Rahmen, um über meine eigene emotionale Situation und meine Befürchtungen zu sprechen?
Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass es in privaten Näheverhältnissen, anders als in Situationen mit Unbekannten auf der Straße, häufig schwerer fällt, Grenzen zu setzen. Ein besonderer Umgang ist zudem gefordert, wenn Kinder involviert sind. Dann steht die Frage im Raum, wie sich der Weg, den ich in der Auseinandersetzung einschlage, auf das Verhältnis zu den gemeinsamen Kindern auswirkt. In familiären Kontexten stehen Personen, die Probleme ansprechen, schnell als diejenigen da, die schlechte Stimmung provozieren und den Familienfrieden stören. Zwei Beratungsfälle aus dem vergangenen Jahr sind mir dabei besonders in Erinnerung geblieben. In dem einen Fall hatte sich ein Vater an uns gewandt, weil der neue Partner der Mutter eng mit Protagonisten der Versammlungengegen die Corona-Maßnahmen verbandelt war. In diesem Fall spielte auch ein physisches Bedrohungsgefühl eine Rolle. In dem anderen Fall haben wir eine Frau im Umgang mit ihrem Partner beraten, der sich im Kontext der Corona-Pandemie radikalisiert hatte, vor allem durch Soziale Netzwerke und über das Internet. Die Beratungsnehmerin hatte das Gefühl, überhaupt keinen Zugang mehr zu ihrem Partner sowie keine Möglichkeit mehr für einen gemeinsamen Alltag zu haben, und litt daher sehr unter der Situation zu Hause.

Was können diese Personen tun? Was empfiehlt die MBR in ihren Beratungen zum Thema? Welche Bedeutung hat dabei etwa das Setzen von Grenzen?

Grundsätzlich arbeiten wir nach dem Dreiklang Wahrnehmen – Deuten – Handeln. Wie ich schon erwähnt habe, brauchen viele Beratungsnehmende, die mit Verschwörungserzählungen konfrontiert sind, eine Bestärkung ihrer eigenen Wahrnehmungen und damit ihres Problembewusstseins in Bezug auf den oft antidemokratischen und antisemitischen Gehalt von Verschwörungsideologien. Darauf aufbauend können wir unsere Beratungsnehmenden dabei unterstützen, einen Überblick über Arten und Funktionsweisen von Verschwörungsideologien zu gewinnen und damit einzelne Aussagen, die ihnen begegnen, besser einordnen und deuten zu können. Wir waren also als Fachstelle zunächst gefragt, unser Wissen weiterzugeben. Häufig ging es im nächsten Schritt dann darum, mögliche Gesprächsstrategien zu erarbeiten.
In der Auseinandersetzung mit Verschwörungserzählungen gibt es allerdings nicht die eine richtige Strategie, die in allen Fällen für die verschiedensten denkbaren Settings greift. Grundsätzlich ist aber ein offenes Herangehen und ein sensibler Umgang auf Augenhöhe sinnvoll, da ein Gefühl der Ausgrenzung das Gegenüber in seinem Glauben an sein verschwörungsideologisches Weltbild noch bestärken kann. Zu einem solchen offenen Herangehen könnte ein offener Umgang mit den eigenen Unsicherheiten und Ungewissheiten gehören. Die moderne Gesellschaft ist komplex, und Entwicklungen sind in ihrer Vielschichtigkeit, Widersprüchlichkeit und Dynamik oft nur schwer zu verstehen. Es ist in Ordnung, sich einzugestehen, nicht alle Prozesse vollständig zu durchschauen, und dieses Eingeständnis auch zu kommunizieren. Gerade dieses Eingeständnis eröffnet die Möglichkeit einer vielfältigen und pluralistischen Betrachtungsweise, die verschiedene Narrative und Erklärungsversuche unvoreingenommen und kritisch betrachtet. Es ist wichtig, diese Betrachtungsweise den Anhänger_innen von Verschwörungsideologien vorzuleben, deren Anschauungen in der Regel auf einem dualistischen Weltbild und auf Personifizierungen beruhen, die verborgene Schuldige und Verantwortliche und ihre Manipulationen meint präsentieren zu können.

Eine Argumentation auf der Fakten- und Wissensebene kann der anderen Person zeigen, dass ich sie ernst nehme und mich mit ihren Inhalten auseinandersetze.

Im konkreten Gespräch hat es sich unserer Erfahrung nach als wirkungsvoll erwiesen, die Erzählungen des Gegenübers ganz wortwörtlich infrage zu stellen, das heißt durch Fragen Zweifel zu wecken und das Gegenüber zum Nachdenken anzuregen, indem es auf innere Widersprüche seiner Erzählungen aufmerksam gemacht wird. Dazu kann es auch gehören, Fragen nach möglichen anderen Ursachen und Zusammenhängen, als die von Verschwörungsideolog_innen behaupteten, zu stellen.
Eine Argumentation auf der Fakten- und Wissensebene kann der anderen Person zeigen, dass ich sie ernst nehme und mich mit ihren Inhalten auseinandersetze. Manchmal müssen Falschinformationen schlicht als solche entlarvt werden. Auch kann es sinnvoll sein, die emotionale Ebene anzusprechen. Dazu kann gehören, nicht immer nur direkt auf die Verschwörungserzählungen einzugehen, sondern auch mal nachzufragen, was den anderen gerade eigentlich bedrückt: „Was sind deine Ängste? Wollen wir darüber reden?“

Andere Menschen erreiche ich auf der persönlichen Ebene eher, indem ich ihnen in der Auseinandersetzung spiegele, dass mich irritiert oder sogar verletzt, was sie sagen. So nimmt die Person, wenn zu ihr eine emotionale Bindung existiert, auch die eigene Verletzung wahr. Dabei ist natürlich zu sagen, dass all diese Herangehensweisen und Gesprächsstrategien nur funktionieren, wenn das Gegenüber noch kein vollkommen geschlossenes und verfestigtes Weltbild hat.
Eine Nähebeziehung kann neben der erwähnten Belastung auch eine Ressource sein. Wenn eine enge Bindung besteht, dann sind Menschen in der Regel viel eher geneigt, zuzuhören und das Gesagte aufzunehmen. Auch und vielleicht gerade in einer persönlichen Beziehung ist es aber wichtig, eigene Grenzen deutlich zu machen und einen Umgang mit den individuellen und persönlichen Belastungen zu finden. Dabei geht es auch um räumliche und zeitliche Grenzen. Wie können Räume für eine Diskussion über die Verschwörungserzählungen eröffnet und gleichzeitig dafür Sorge getragen werden, dass dieses Thema nicht den ganzen Alltag durchdringt und Gespräche über andere Themen auch noch möglich sind? Wie gelingt es, sich die Diskussion um die verschwörungsideologischen Deutungen der Wirklichkeit nicht aufdrängen zu lassen, aber gleichzeitig die andere Person nicht vor den Kopf zu stoßen? Ist es zum Beispiel möglich, zu vereinbaren, bei einem regelmäßigen Spaziergang über dieses Thema zu sprechen, aber eben nicht am Esstisch oder wenn man gemütlich zusammen einen Film schaut? Neben diesen räumlichen und zeitlichen Grenzen geht es aber auch um inhaltliche Grenzen. Worüber bin ich bereit zu reden? So kann zum Beispiel eine Diskussion über die Frage, ob alle staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wirklich effektiv sind, zweifelsohne sinnvoll sein. Vielleicht bin ich ber nicht bereit darüber zu diskutieren, ob hinter den Maßnahmen in Wirklichkeit ganz andere Interessen stehen. Diese inhaltliche Grenze, also die Frage, worüber lässt sich überhaupt sinnvoll streiten, bemisst sich an den eigenen Werten und der eigenen demokratischen Haltung. Zu unserer Beratung gehört also auch zu vermitteln, dass es ok ist, „nein“ zu sagen und inhaltliche Grenzen zu setzen. Das Setzen von Grenzen ist unserer Erfahrung nach sogar sehr wichtig und hilfreich: wo es in den Verschwörungsideologien um minderheitenfeindliche Ressentiments, antisemitische Stereotype, NS-Relativierung und Ähnliches geht, sollte das aufgezeigt und entschieden zurückgewiesen werden. Nur durch das Setzen eindeutiger Grenzen kann dem Gegenüber vermittelt werden, dass dessen Äußerungen keineswegs „normal“ oder tolerierbar sind und dass sie insofern durchaus ernst genommen werden. Dabei sollte nicht das Gegenüber als Mensch kritisiert werden, sondern die Aussage, die das Gegenüber trifft. Es geht stets darum, diejenigen Inhalte zu kritisieren, die antidemokratische, diskriminierende oder minderheitenfeindliche Positionen transportieren. Es geht nicht darum, die Person selbst herabzusetzen.

Es braucht ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein für die Gefahr, die von Verschwörungserzählungen ausgeht.

Die Auseinandersetzung mit Verschwörungserzählungen ist abseits von Straßenprotesten sowie Familien, Partner- und Freundschaften auch eine gesamtgesellschaftliche Frage. Welche Formen der Auseinandersetzung sind aus Sicht der MBR sinnvoll und was müsste passieren, um diese Auseinandersetzung erfolgreicher führen zu können?

Wichtig sind natürlich passende Beratungsangebote zum Umgang mit Verschwörungserzählungen. Hier ist die Mobile Beratung mit ihrer zwanzigjährigen Expertise eine gute Anlaufstelle. Zu nennen wären aber auch spezialisierte Beratungsstellen wie die Sektenberatungen oder weitere Projekte, die sich mit ihrer Arbeit besonders an pädagogische Fachkräfte aus Kindertagesstätten oder Jugendfreizeiteinrichtungen richten. Was wir außerdem sehen, ist, dass gezielt Eltern für coronabezogene Verschwörungserzählungen angesprochen werden. In Erzählungen wie „QAnon“ sowie bei Erzählungen über vermeintliche Gesundheitsgefahren durch das Tragen von Masken wird an den Wunsch appelliert, Kinder zu schützen. Dabei ist eine zunehmende Professionalisierung seitens der verschwörungsideologischen Akteur_innen zu beobachten, etwa in Fällen aus dem Schulkontext, wo Eltern mit vorbereiteten Anwaltsschreiben an die Schulen herantreten. Hierbei ist es wichtig, den verzerrenden, agitatorischen Charakter dieser Erzählungen und Kampagnen herauszustellen – etwa im Fall der Kampagnen gegen den Mund-Nasen-Schutz, Falschbehauptungen unbeirrt zu widersprechen und die Gefahr einer Radikalisierung in Richtung Rechtsextremismus im Blick zu haben. Alle demokratischen Akteur_innen, die sich im Kontext Schule bewegen, sind gefragt, aufzuklären und dabei eine klare Haltung einzunehmen.
Es braucht ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein für die Gefahr, die von Verschwörungserzählungen ausgeht. Dieses Bewusstsein ist in letzter Zeit teilweise bereits entstanden und die Gefahr, die von Verschwörungserzählungen für das demokratische Miteinander ausgeht, wird teilweise erkannt. Doch es müssen auch Konsequenzen gezogen werden. Gerade gesellschaftliche Minderheiten, aber auch zum Beispiel Wissenschaftler_innen, Journalist_innen und Kommunalpolitiker_innen, die immer wieder als Feindbilder und vermeintliche Schuldige ausgemacht werden, müssen geschützt werden. Der Umgang mit Verschwörungserzählungen ist eine Herausforderung, der sich unabhängig von politischen Konjunkturen gesamtgesellschaftlich gestellt werden muss. Die Einstellungsstudien der vergangenen Jahre haben eindrucksvoll belegt, dass Ideologien der menschlichen Ungleichwertigkeit und Verschwörungsdenken kein Problem „gesellschaftlicher Ränder“ oder fehlender Bildung sind, sondern dass sie auch und gerade aus der sogenannten Mitte unserer Gesellschaft kommen.

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Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) ist Anlaufstelle für alle Menschen, die sich in der Stadt für eine menschenrechtsorientierte und demokratische Alltagskultur einsetzen. Seit 2001 berät die MBR bei konkreten rechtsextremen, rassistischen, antisemitischen und rechtspopulistischen Herausforderungen in ihren verschiedensten Erscheinungsformen und begleitet die langfristige Auseinandersetzung mit diesen Phänomenen überall dort, wo sie auftreten.

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