Eine Runde um den Block marschieren

Antifaschist*innen blockierten den Aufmarsch der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ am 3. Oktober in Hohenschönhausen. Erneut versuchten Teilnehmende aus der Demonstration auszubrechen. Es kam zu Angriffen. Auch der Polizeieinsatz bot Anlass zur Kritik.

 
Eine Runde um den Block marschieren

Veranstaltungsleiter Tony Gentsch von der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ hatte sich den Tag sicher anders vorgestellt. Kurz nach Beginn kam der Aufmarsch bereits zum Stehen. Antifaschist*innen blockierten die Route. | Foto: Pixelarchiv

Eine Runde um den Block marschieren

Verurteilter Rechtsterrorist: Ebenfalls vor Ort war Karl-Heinz Statzberger. Dieser plante 2003 gemeinsam mit anderen Neonazis der Kameradschaft Süd um Martin Wiese einen Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung des Jüdischen Zentrums in München. Statzberger trug wie viele andere Teilnehmende eine Gesichtsbedeckung mit dem Logo der „parteinahen Arbeitsgruppe Körper & Geist“, welche Kampfsporttrainings und „Selbstverteidigungskurse“ für Kinder und Erwachsene anbietet. | Foto: Pixelarchiv

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Zu den wenigen Teilnehmenden aus Berlin gehörte der ehemalige Kameradschaftsaktivist Oliver Oe. (Bildmitte/ schwarzes Basecap), der bereits in der Vergangenheit bei Veranstaltungen des „III. Wegs“ in Erscheinung trat. Oe. war an diesem Tag erneut erkennbar in die Kommunikations- und Orderstruktur der Veranstaltung eingebunden. | Foto: Paul Hanewacker

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Der ehemalige „Die Rechte“-Funktionär Patrick Krüger (rechts/ grünes Basecap) nahm ebenfalls am Aufmarsch des „III. Wegs“ teil. | Foto: Paul Hanewacker

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Ronny Busse (Bildmitte) war bereits Ende der 1980er in der rechten Ostberliner Hooliganszene aktiv. | Foto: Pixelarchiv

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Frederik Vejdeland (Nordische Widerstandsbewegung; Bildmitte) bei seiner Rede am 3. Oktober. Für ihn übersetzte Julian Bender (rechts). | Foto: Pixelarchiv

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TeilnehmerInnen der Schwesternschaft Deutschland und Bruderschaft Deutschland. | Foto: Igor Netz

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TeilnehmerInnen der Schwesternschaft Deutschland und Bruderschaft Deutschland. | Foto: Igor Netz

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Teilnehmende des Neonaziaufmarschs am 3. Oktober in Berlin. | Foto: Igor Netz

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Außer einem Transparent mit der Aufschrift „Das System ist gefährlicher als Corona“ und den üblichen Vorwürfen einer vermeintlichen politischen Gängelung durch die Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie, hatte man diesbezüglich nichts anzubieten. | Foto: Igor Netz

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Der stellvertretende Bundesvorsitzende und Vorsitzende des „Landesverbands Mitte“ des „III. Wegs“ Matthias Fischer. | Foto: Igor Netz

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Der Neonazianwalt und ehemalige Vorsitzende der 1994 verbotenen Wiking Jugend Wolfram Nahrath sprach auf der Abschlusskundgebung. | Foto: Igor Netz

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Kamen an diesem Tag nicht weit: Die Neonazis der Kleinstpartei „Der III.Weg“ | Foto: Pixelarchiv

Das hatte sich Tony Gentsch, Bundesvorstandsmitglied des „III. Wegs“ sicher anders vorgestellt. Es hätte die erste große Demonstration seiner Partei in Berlin werden sollen, doch der Tag verlief nicht in seinem Sinne. So musste der Veranstaltungsleiter des Aufmarsches mit ansehen, wie die angereisten Neonazis schon nach etwa 500 Metern von Gegenprotesten blockiert wurden.

Circa 350 Neonazis versammelten sich nachmittags am S-Bahnhof Wartenberg in Hohenschönhausen. Der Frauenanteil lag bei circa 15 Prozent. Der Aufmarsch des „III. Wegs“ unter dem Motto „Ein Volk will Zukunft! Heimat bewahren! Überfremdung stoppen! Kapitalismus zerschlagen!“ war als Ersatz für dessen coronabedingt ausgefallene 1.-Mai-Demonstration in Erfurt angedacht. In den letzten Jahren konnte die Partei regelmäßig zu diesem Datum mehrere hundert Personen in verschiedene ostdeutsche Städte mobilisieren.

Bereits der Start der Veranstaltung verzögerte sich, da Antifaschist*innen den Bahnhofsvorplatz vorerst besetzt hielten und zunächst von der Polizei geräumt werden mussten. So waren zum geplanten Beginn um 14 Uhr nicht einmal 100 Neonazis vor Ort. Erst nach und nach stießen weitere hinzu. Als die Demonstration dann nach einigen Redebeiträgen mit deutlicher Verzögerung um 16 Uhr tatsächlich losgehen sollte, verkündeten die eingesetzten Polizist*innen, dass es den Neonazis untersagt sei, in Dreierreihen zu laufen. Zudem müssten diese auf die übliche Trommelgruppe an der Spitze des Aufzuges verzichten. Lediglich ein einsamer Trommler wurde zugelassen. Die anderen mussten, sehr zum Missfallen der Neonazis, wieder einpacken.

Veranstaltungsleiter Tony Gentsch von der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ hatte sich den Tag sicher anders vorgestellt. Kurz nach Beginn kam der Aufmarsch bereits zum Stehen. Antifaschist*innen blockierten die Route. | Foto: Pixelarchiv

Kurz darauf kam der Aufmarsch bereits zum Stehen. Antifaschist*innen blockierten die Route. Es folgten verschiedene Redebeiträge, um das Publikum bei Laune zu halten, doch die Stimmung war merklich angespannt. Matthias Fischer, Vorsitzender des „Landesverbands Mitte“[1], zu dem neben Berlin die ausnahmslos ostdeutschen Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zählen, drohte unmissverständlich:

„Ja wir dürfen gespannt sein, ob die hoch ausgerüstete Polizei hier in Berlin in der Lage ist, die Straße zu räumen. Wenn alle Stricke reißen, können wir uns durchaus vorstellen, fünfzig Mann abzustellen und das zu klären.“

Nach etwa einer Stunde wurde deutlich, dass es heute für die Neonazis nicht weiter sondern lediglich auf einer Alternativroute zum S-Bahnhof zurück gehen würde. Nachdem die Polizei eine kleinere Blockade in einer Seitenstraße unter Gewalteinsatz geräumt hatte und der Aufmarsch sich letztlich wieder in Bewegung setzte, versuchten einige Gegendemonstrant*innen zu den Neonazis durchzudringen. Es flogen Gegenstände. Die Neonazis erwiderten dies, indem sie ihrerseits versuchten auszubrechen. Dabei kam es zu Angriffen auf die Polizei. Am Rande der Demonstration wurde an diesem Tag auch ein Pressevertreter attackiert. Jörg Reichel, Landesgeschäftsführer der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), berichtete via Twitter, von einem „Nazisympathisant“ ins Gesicht geschlagen worden zu sein. Er habe Prellungen und Hautabschürfungen erlitten.

 

 

Reichel war vor Ort, um mögliche Einschränkungen der Pressefreiheit im Verlauf des Aufmarsches zu dokumentieren. Mehrere Journalist*innen berichteten an diesem Tag, in der Ausübung ihrer Arbeit durch Beamt*innen eingeschränkt worden zu sein.

 

 

Der Gefährdung nicht nur von Pressevertreter*innen, sondern auch von Anwohner*innen hätte unterdessen deutlich besser begegnet werden können. Bekanntermaßen kam es in der Vergangenheit bereits mehrfach zu Angriffen durch Teilnehmende der Demonstrationen des „III. Wegs“. Sowohl Berlin rechtsaußen als auch die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus hatten im Vorfeld auf das zu erwartende Klientel und dessen Gewaltbereitschaft hingewiesen. Dennoch konnten die Neonazis auch an diesem Tag ohne polizeiliches Seitenspalier durch Hohenschönhausen ziehen. Das änderte sich auch nach dem Ausbruchsversuch nicht. Das Einsatzprozedere, Gegenprotest und Neonazis möglichst räumlich voneinander zu trennen und letztere dann ohne Beamt*innen an den Seiten des Aufzugs marschieren zu lassen, nimmt die Gefährdung von Menschen im Umfeld der Demonstrationen immer wieder billigend in Kauf.

Berliner Neonazis rar gesät

Unter den Neonazis waren unterdessen nur wenige Personen aus Berlin. Der Großteil kam wohl aus Ost- und Süddeutschland. Dazu gehörte auch der Rechtsterrorist Karl-Heinz-Statzberger, der 2003 gemeinsam mit weiteren Neonazis der Kameradschaft Süd um Martin Wiese einen Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung des Jüdischen Zentrums in München plante. Zu den wenigen Teilnehmenden aus Berlin gehörten die ehemaligen Kameradschaftsaktivisten Oliver Oe. und David L., welche bereits in der Vergangenheit bei Veranstaltungen des „III. Wegs“ in Erscheinung traten. Oe. war an diesem Tag erneut erkennbar in die Kommunikations- und Orderstruktur der Veranstaltung eingebunden. Hinzu kamen der ehemalige „Die Rechte“-Funktionär Patrick Krüger, sowie René Uttke, der in den Jahren 2014/15 vor allem als einer der OrganisatorInnen der rassistischen „Nein-zum-Heim“-Proteste in Marzahn-Hellersdorf bekannt wurde. Andrew Ron Stelter, in der Vergangenheit wiederholt Redner auf extrem rechten Kundgebungen, war ebenso vor Ort wie der Neonazianwalt und ehemalige Vorsitzende der 1994 verbotenen Wiking Jugend Wolfram Nahrath, der an diesem Tag als Redner auf der Abschlusskundgebung auftrat. Viele bekannte Berliner NPD-Mitglieder blieben der Veranstaltung fern, was auf das Konkurrenzverhältnis der beiden Parteien schließen lässt.

Ronny Busse (Mitte) war bereits Ende der 1980er in der rechten Ostberliner Hooliganszene aktiv. | Foto: Pixelarchiv

Außergewöhnlich war die Teilnahme des Berliners Ronny Busse, der vielen jüngeren Beobachter*innen wohl kaum noch bekannt sein dürfte. Busse war bereits Ende der 1980er in der rechten Hooliganszene Ostberlins aktiv und im Oktober 1987 maßgeblich am Überfall auf ein Punkkonzert in der Zionskirche in Prenzlauer Berg beteiligt. Der Angriff auf das Konzert war damals eine Zäsur, da im Nachgang erstmals öffentlich in der DDR über die Existenz von Neonazis berichtet wurde. Busse trat später in einer Dokumentation des RBB auf und kommentierte sein Handeln folgendermaßen: „Ein extremes Regime kann man eigentlich nur / seinen Protest, wenn man anders extrem ist. Dit war es. Heutzutage würde mir so ein Quatsch nicht mehr im Traum einfallen.“ Geträumt hat er seine Teilnahme am 3. Oktober nicht. Sie zeigt vielmehr ganz real, wo auch heute noch seine politischen Sympathien liegen.

Internationale Beteiligung

Internationale Unterstützung erhielt „Der III. Weg“ an diesem Tag einmal mehr von der Nordischen Widerstandsbewegung (Nordic Resistance Movement / NMR). Mit Frederik Vejdeland sprach ein Vertreter deren schwedischer Sektion. Die NMR agiert in verschiedenen skandinavischen Ländern. In Finnland wurde sie 2017 verboten. Im September diesen Jahres wurde das Verbot vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Die Jerusalem Post berichtete vor Kurzem von einer antisemitischen Kampagne der Organisation in der Woche vor Yom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, in mehr als zwanzig verschiedenen skandinavischen Städten. Dabei wurden unter anderem antisemitische Flyer vor jüdischen Institutionen und Synagogen verteilt. Auch von Vandalismus berichtet der Jüdische Weltkongress. Dessen Vorsitzender Ronald S. Lauder verurteilte die Aktionen der NMR. Die Zeitung zitiert ihn mit den Worten:

„This Yom Kippur marks the second year in a row that antisemitism has reared its ugly head in Europe. Last year, we saw a murderous antisemitic attack targeting the synagogue in Halle, Germany, and this year, the modern-day successors of the Nazis of the 1930s and 1940s, known as the Nordic Resistance Movement, have mounted a vile and vicious campaign of hate against Jews in Northern Europe.“

(Übersetzung: „Dieses Yom Kippur markiert das zweite Jahr in Folge, in dem der Antisemitismus in Europa sein hässliches Gesicht zeigt. Letztes Jahr sahen wir einen mörderischen antisemitischen Anschlag auf die Synagoge in Halle in Deutschland und dieses Jahr sind es die Nachfolger der Nazis der 1930er und 1940er Jahre, bekannt als Nordische Widerstandsbewegung, die eine abscheuliche und bösartige Kampagne gegen Juden in Nordeuropa initiieren.“)

Der stellvertretende Bundesvorsitzende und Vorsitzende des „Landesverbands Mitte“ des „III. Wegs“ Matthias Fischer bedankte sich in einer Rede bei weiteren vermeintlich anwesenden Neonazis aus unterschiedlichen Ländern. Er sprach von „Abordnungen aus Dänemark, aus Schweden, von der Asow-Bewegung aus der Ukraine“ sowie von „Freien Griechen“. Bereits in der Vergangenheit traten wiederholt Neonazis aus anderen Ländern auf Veranstaltungen der Partei auf. Auch zur jüngst als kriminelle Vereinigung verbotenen „Goldenen Morgenröte“ aus Griechenland bestehen Verbindungen.

Propagandistische Inszenierung

Inhaltlich unterschieden sich die Reden in keiner Weise von denen der 1. Mai-Demonstrationen der Partei. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese bereits vor einem halben Jahr geschrieben und nun zum Besten gegeben wurden. Bezüge zum 30. Jahrestag des Beitretens der DDR in den Geltungsbereich des Grundgesetzes gab es bis auf einen Nebensatz von Julian Bender nicht. Der Vorsitzende des „Landesverbands West“ sprach von „Teilvereinigung“. Bis heute akzeptieren die Neonazis in revisionistischer Manier den Grenzverlauf der Bundesrepublik nicht. Im Parteiprogramm des „III.Wegs“ heißt es „Deutschland ist größer als die BRD“.

Außer einem Transparent mit der Aufschrift „Das System ist gefährlicher als Corona“ und den üblichen Vorwürfen einer vermeintlichen politischen Gängelung durch die Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie, hatte man auch diesbezüglich nichts anzubieten.

Vielmehr erging man sich in Durchhalteparolen und versuchte sich selbst als nationalsozialistische Elite zu inszenieren. Besonders drastisch war die Rede Vejdelands. Dieser bediente eine Bürgerkriegsrhetorik und bezog sich direkt auf den historischen Nationalsozialismus. Seine größtenteils auf Englisch gehaltene Rede wurde von Julian Bender übersetzt. Vejdeland sagte:

„Among the nations of Europe the Germans have also been wartime opponents, that have been feared and respected in equal measure. History remembers the Germans as a magnificent people all the way up to 1945, when this magnificent people willingly faced an heroic faith in order to guarantee the uprising of tomorrow. They paid the blood so that their people could one day find a way back to the struggle again. Today we are living in that tomorrow. We have not yet seen this uprising but it‘s coming. A new nationalist, socialist and revolutionary movement has emerged, ready to take on the work started by the old guard.“

(Übersetzung Bender: „Unter den Nationen Europas war Deutschland auch immer ein Kriegsgegner, den man im gleichen Maße fürchtete und respektierte. Die Geschichte kennt die Deutschen als großartiges Volk bis 1945, als dieses großartige Volk sich bereitwillig einem heldenhaften Schicksal stellte, um die Erhebung an einem neuen Morgen sicher zu stellen. Sie bezahlten in Blut, damit ihr Volk eines Tages seinen Weg zurück zu diesem Kampf findet. Heute leben wir in diesem Morgen. Noch haben wir die Erhebung nicht gesehen, doch sie kommt. Eine neue nationale, sozialistische und revolutionäre Bewegung ist erschienen, bereit die Arbeit fortzuführen, die die alte Garde begann.“)

(…)

„We are therefore honoured to have ‚Der III. Weg‘ as our comrades. It is of immense importance, that we as well as the likes of us, who choose the path of struggle, cooperate. We must make the national movements around the world accept the way. Because neither our people nor our race will survive without it. There are no shortcuts. Our enemy is cooperating across national boundaries and so must we. Because if one people revolts while the rest of Europe doesn‘t, it would be very easy for NATO to send in the troops to suppress the uprising. But if ten nations revolt at the same time or are in the process of revolting, they will never be able to stop us. Our friendship with the movement and the struggle in Germany is therefore not only based on us wanting allies of similar mindset. It is not only based on camaraderie. A lot of it is actually based on pure mathematics. We depend on the struggle continuing all across Europe, wherever in Germany, the north or anywhere else.“

(Übersetzung Bender: „Es ehrt uns daher den ‚III. Weg‘ als Kameraden zu haben. Es ist von immenser Wichtigkeit für uns wie für alle, die wir den Weg des Kampfes gewählt haben, zusammen zu arbeiten. Wir müssen alle nationalistischen Bewegungen auf der Welt von unserem Weg überzeugen. Denn weder unsere Völker, noch unsere Rasse werden ohne dies überleben. Dies ist der einzige Weg. Unser Gegner kooperiert über nationale Grenzen hinweg, und das müssen wir auch. Denn wenn ein Volk sich im Widerstand erhebt und der Rest Europas nicht, wäre es sehr einfach für die NATO ihre Truppen zu schicken und den Aufstand niederzuschlagen. Wenn aber zehn Nationen sich zur gleichen Zeit erheben oder eben dabei sind dies zu tun, werden sie niemals in der Lage sein uns zu stoppen. Unsere Freundschaft mit einer deutschen Bewegung dieses Kampfes basiert daher nicht nur auf dem Wunsch nach Verbündeten mit ähnlicher Gesinnung. Sie basiert nicht nur auf Kameradschaft. Viel von ihr basiert auf purer Mathematik. Wir sind darauf angewiesen, dass dieser Kampf sich in ganz Europa fortsetzt, egal ob in Deutschland, im Norden oder anderswo.“)

Frederik Vejdeland (Nordische Widerstandsbewegung; Bildmitte) bei seiner Rede am 3. Oktober. Für ihn übersetzte Julian Bender (rechts). | Foto: Pixelarchiv

Auf deutsch schloss Vejdeland seine Rede mit den Worten:

„Lasst euch nicht unterkriegen von der scheinbaren Überlegenheit unseres Gegners. Seid euch sicher, wenn euch ein unterdrückerisches, korruptes und kriminelles System verfolgt, ihr von Feinden, von inneren und äußeren, umgeben seid, die Stärke liegt in eurem Blut. Euer Blut ist eure stärkste Waffe, denn dort leben die Götter und wenn ihr diese wieder wecken könnt, ist der Sieg unser.“

Wolfram Nahrath widmete sich in seiner Rede seinem revisionistischen Geschichtsverständnis, wonach die Deutschen vor allem Opfer des Zweiten Weltkrieges waren. Außerdem gab er Einblicke in seine durch und durch völkische Ideologie. Damit lag er ganz auf Linie des „III. Wegs“, der in seinem Programm den Erhalt „der biologischen Substanz des Volkes“ fordert. Offener lässt sich Rassismus nicht formulieren. Hinzu kam an diesem Tag Nahraths etwas überraschende Einschätzung zum Grundgesetz. Er sagte:

„Wenn hier heute von der Zukunft die Rede ist, dann gibt es eine Ewigkeit für jedes lebende Volk auf dieser Erde nur dann, wenn es Kinder hat, wenn es die Zukunft durch eigene Kinder, durch neue Generationen begründet. Und ich hatte das Lebensglück eine ganze herausragende Frau zu finden, die mit mir gemeinsam sechs Kinder hat und ich habe mittlerweile fünf Enkel und um deren Zukunft und um die Zukunft aller deutschen Kinder geht es und um sonst gar nichts. Das heißt, die Probleme, die wir im deutschen Volk haben, egal in welchem Bereich der Politik – Uns fehlen die Menschen, uns fehlen die Deutschen, so wird uns gesagt. Warum? Weil wir / Weil ihr alle vergessen habt, sie zu gebären!

Und ja, natürlich habe ich meine Profession. Aber hier stehe ich nicht als Rechtsanwalt, hier stehe ich auch nicht als Strafverteidiger, hier stehe ich als Vater und Großvater und fordere das gesamte deutsche Volk und fordere alle europäischen Völker auf, Deutschland beizustehen, weil ich der tiefen Überzeugung bin, dass mit Deutschland Europa fällt. Ihr alle habt diesen grausamen Krieg vor 70 Jahren, 75 Jahren in Europa alle mit verloren. Seid euch bewusst, ihr Deutschen, ihr Europäer, dass ihr in diesem Krieg Opfer wart. Und es darf nie wieder passieren, dass sich europäische Völker in einem Krieg aufeinander hetzen lassen. Denn ohne Europa brauchen wir keine Ewigkeit und ohne Deutschland würde es kein vernünftiges Europa geben!

(…)

Nein, 1945 war keine Stunde Null, aber es war die tiefste und schlimmste Niederlage, die unser Volk je erlitten hat. Aber erinnert euch: Auch nach dem Dreißigjährigen Krieg, als Zweidrittel der Deutschen tot waren, hat sich das deutsche Volk regeneriert. Also es gibt keinen Grund die Fahnen zu senken oder den Mut zu verlieren. Und vor einem freien, friedlichen, dynamischen, leistungsstarken, nach (unverständlich) deutschen Volk braucht in dieser Welt niemand Angst haben. Sie werden alle, so wie sie es in der Geschichte so oft hatten, von uns, den Deutschen, profitieren. Wir werden ihnen helfen, wie wir ihnen immer geholfen haben.

(…)

Und ihr sollt auch nicht vergessen: Wenn ich von der Bundesrepublik Deutschland spreche, dann ist das die derzeitige staatliche Organisation. Die hat man sich gegeben, um das öffentliche Leben wieder herzurichten und ich sag auch, auch wenn ich euch vielleicht ein wenig angreife: So schlecht ist das Grundgesetz gar nicht. Mit wenigen Änderungen lässt sich da was richtig Gutes draus machen. Das sag ich jetzt mal als Jurist. Und vergesst nicht: Es war der Sozialdemokrat Carlo Schmid, der bekannteste der Väter des Grundgesetzes, der das, was damals installiert wurde, ein Grundgesetz mit der Bundesrepublik Deutschland wie folgt bezeichnet. Er bezeichnet es als die Organisationsform der Modalität einer Fremdherrschaft und in der ersten Präambel des Grundgesetzes steht es wortwörtlich drin, dass dieses Grundgesetz für eine Übergangszeit geschaffen wurde. Ihr wisst das. Das ist so wie mit dem Gartenschlauch: Niemand repariert’s und das Provisorium bleibt bis an sein Lebensende. Aber ich habe durchaus das Bestreben, dieses Provisorium irgendwann mal zu überwinden. Damit sich die volle Dynamik, die volle Kraft unseres doch 60-bis-80-Millionen-Volkes endlich wieder frei entfalten kann. Deshalb und nur deshalb, muss das Provisorium wechseln in eine Friedenslösung per Friedensvertrag, in einen souveränen, deutschen Volks- und Nationalstaat.

Der Neonazianwalt und ehemalige Vorsitzende der 1994 verbotenen Wiking Jugend Wolfram Nahrath sprach auf der Abschlusskundgebung. | Foto: Igor Netz

Das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus wies auf antisemitische Chiffren in Nahraths Rede hin. So sprach dieser mit Bezug auf die Ordnung in Deutschland und Europa von der „Sorge“, dass diese „über den – im wahrsten Sinne des Wortes – Jordan“ gehen könne. Weiter sagte er: „und diesen Jordan nehm ich ganz bewusst in den Mund.“ Der Jordan ist ein wichtiger Fluss im Nahen Osten und fließt unter anderem durch Israel.

Veranstaltungsleiter Tony Gentsch wurde an diesem Tag nicht müde zu betonen, dass dies nicht der letzte Aufmarsch seiner Partei in Berlin gewesen sei. Die zahlreichen und erfolgreichen Gegenproteste am 3. Oktober lassen hoffen, dass etwaige Versuche der Neonazis auch in Zukunft nicht von Erfolg gekrönt sein werden. Am 1. Mai 2021 will „Der III. Weg“ in Zwickau aufmarschieren.

  1.  Die Partei ist regional in drei Landesverbände „Mitte“, „Süd“ und „West“ (ehemals „Gebietsverbände“) gegliedert. Seit 2019 wird in den Unterlagen des Bundeswahlleiters nicht mehr von „Gebietsverbänden“, sondern „Landesverbänden“ gesprochen.
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