„Im Widerstand vereint“ – ein Blick auf vier rechte Veranstaltungen in Berlin

Am 5. November fanden im Zentrum Berlins gleich vier rechte Veranstaltungen statt. Neben der 4. „Merkel muss weg“-Demonstration in diesem Jahr mobilisierte in der City West eine Abspaltung mit dem Namen „Hand in Hand“ zum zweiten mal unter dem Motto „Frei, sozial und souverän“ zur Demonstration, am Abend traf sich zudem das gleiche Spektrum unter dem Anonymous-Label zum „Million Mask March“ am Brandenburger Tor. Ab Mittag tagte außerdem die aus Köln nach Berlin ausgewichene Compact-Konferenz.

 
Die „Merkel muss weg“-Demonstration am 5.11.2016 startet im strömenden Regen am Hauptbahnhof © Kilian Behrens / apabiz

Vierte “Merkel muss weg“-Demonstration hat erneut TeilnehmerInnen verloren

Am Hauptbahnhof fanden sich am Nachmittag zum vierten mal rund 600 Teilnehmende zu der von Pro Deutschland-Vorstandsmitglied Enrico Stubbe unter dem Label „Wir für Berlin und wir für Deutschland“ angemeldeten „Merkel-muss-weg“-Demonstration zusammen. Erneut waren TeilnehmerInnen verschiedener asylfeindlicher und extrem rechter Gruppen aus dem gesamten Bundesgebiet, insbesondere jedoch aus den neuen Bundesländern, nach Berlin gereist. Die Anzahl der Teilnehmenden ist erneut gesunken – bei der ersten Demonstration im März waren noch mehr als 2000 gekommen. Aus Berlin selbst nahm eine Gruppe von NPDlern um Andreas Käfer aus Marzahn-Hellersdorf und Sebastian Schmidtke, der nach der Berlinwahl den Landesvorsitz der Partei an Uwe Meenen abgeben musste teil. Darunter befand sich erneut auch der Brandenburger NPD-Mann Alexander Bode, Haupttäter der tödlichen Hetzjagd auf Farid Guendoul in Guben 1999. Darüber hinaus waren es vor allem TeilnehmerInnen der nach wie vor wöchentlich stattfindenden Bärgida-Demonstration, zu der auch Stubbe regelmäßig erscheint, die den TeilnehmerInnenkreis aus Berlin komplettierten. Das „Bündnis deutscher Hools“ zeichnete sich wie üblich dadurch aus, dass deren Protagonisten auch während der Reden abseits stehend immer wieder hooligan-gemäß Parolen wie „Antifa-Hurensöhne“ in Richtung der Gegendemonstrant_innen skandierten. Insgesamt war einmal mehr das gesamte extrem rechte Spektrum vertreten. Neben Fahnen der Identitären Bewegung, der Urburschenschaft oder Transparenten sogenannter Reichsbürger, die unter der Selbstbezeichnung „Bundesstaat Schwarzburg-Sondershausen“ für die „Befreiung aus der BriD Staatssimulation“ warben, waren auch etliche lokale selbsternannte Bürgerinitiativen, etwa aus Gera, Meerane oder Cottbus, oder der unter dem Label „Bündnis deutscher Patrioten“ im Süden Deutschlands agierende Zusammenschluss vertreten. Zumindest ein Demo-Teilnehmer verherrlichte einen neonazistischen Sprengstoffanschlag. Der Mann trug eine Mütze, auf der der Zahlencode 168:1 eingestickt war. Dieser steht für den Sprengstoffanschlag in Oklahoma/USA, bei dem im Jahr 1995 168 Menschen getötet wurden. Der Terrorist Timothy McVeigh wurde anschließend zum Tode verurteilt. Der Zahlencode findet in der Neonaziszene vereinzelt Verwendung und kann als Bekenntnis zum Rechtsterrorismus verstanden werden.

"Bundesstaat Schwarzburg Sondershausen". Teilnehmer der "Merkel muss weg"-Demonstration. (c) Kilian Behrens / apabiz
„Bundesstaat Schwarzburg Sondershausen“. Teilnehmer der „Merkel muss weg“-Demonstration. © Kilian Behrens / apabiz

Entsprechend kann auch einmal mehr die inhaltliche Ausrichtung der Veranstaltung beschrieben werden. Diese zeichnete sich aus durch eine mit unglaublicher Verachtung vorgetragene Mischung aus Asylfeindlichkeit, der Behauptung, Deutschland sei fremdgesteuert, antimuslimischem Rassismus, völkischer Ideologie und fundamentaler bis beleidigender Ablehnung der sogenannten etablierten Politik. Die schon im Juli beobachtete Tendenz, dass sich nur noch der harte Kern mobilisieren ließ, während der auf der ersten Demonstration im März noch gut vertretene Anteil der unorganisierten „besorgten Bürger“ in der Mehrzahl zu Hause blieb, setzte sich fort. Während es auf der Mobilisierungsseite zu den „Verhaltensregeln auf unserer Demo“ noch geheißen hatte, „jede Form von Partei Werbung ist verboten“, nahm man dies auf der Veranstaltung selbst nicht so genau. Neben etlichen, gut sichtbaren Aufklebern der NPD auf Bekleidungsstücken war einmal mehr auch die Fahne der „Patriotischen Plattform“ der AfD zu sehen. Auch ein Kapuzenpullover von „Der III. Weg“ wurde getragen. Nicht zuletzt durch die im Hintergrund von Pro Deutschland gestellten Organisationsstrukturen ist der Anspruch einer „überparteilichen Demonstration“ ohnehin nicht zu halten. Dies war auch einer der Gründe, warum ein ähnliches Spektrum zeitgleich zur Demonstration unter dem Label „Hand in Hand“ in die City West mobilisierte und sich deswegen im Internet den Vorwurf der Spaltung gefallen lassen musste.

"Meerane unzensiert". Teilnehmer der "Merkel muss weg"-Demonstration. (c) Kilian Behrens / apabiz
„Meerane unzensiert“. Teilnehmer der „Merkel muss weg“-Demonstration. © Kilian Behrens / apabiz

Erstmalig Redebeitrag eines AfD-Funktionärs

Den Auftakt auf dem zum Podium umfunktionierten Kleinstlaster machte der Schweizer Ignaz Bearth mit der Aufforderung, für die deutsche Nationalhymne Haltung anzunehmen. Nach Bearth, der im weiteren Verlauf mehrfach das Wort ergriff und die Moderation übernahm, sprach der zum Umfeld des „Bündnis deutscher Patrioten“ zu zählende Chris Ares aus München. Begleitet von Lügenpresse-Rufen prangerte Ares die Berichterstattung zu Bautzen an und forderte eine Lichterkette gegen „Deutschenhass“. Ares hat sich in jüngerer Zeit nicht nur einen Namen als „patriotischer Rapper“ gemacht, weshalb er nach seiner Rede auch ein Lied zum Besten gab. Im September hatte er am Rande einer AfD-Wahlparty in München Gegendemonstrant_innen und Journalist_innen attackiert.

Performance von Chris Ares (c) Kilian Behrens / apabiz
Performance von Chris Ares © Kilian Behrens / apabiz

Weitere Reden hielten einmal mehr Julia Schwarze aus Meerane, Manfred Rouhs von Pro Deutschland sowie Roland Ulbrich, Sprecher der „Patriotischen Plattform“ der AfD in Sachsen. Während bereits auf den vorangegangenen Demonstrationen auch AfD-Funktionäre der „Patriotischen Plattform“ teilgenommen hatten, stand nun mit Ulbrich erstmalig einer von ihnen offiziell auf der Bühne. Damit wird deutlich, dass der Bundesvorstand der Partei mit seinem Beschluss, nach dem Parteifunktionäre nicht als Redner auf Pegida-Demonstrationen aufzutreten hätten, auch in Berlin kein Durchsetzungsvermögen hat. Hierzu hatte das Parteischiedsgericht bereits Anfang August zugunsten der „Patriotischen Plattform“ entschieden, die gegen diesen Beschluss vor das Schiedsgericht gezogen war. Entsprechend vertrat Ulbrich in seiner Rede auch den Standpunkt, dass die AfD den Schulterschluss zu „Bürgerbewegungen“ suchen sollte und mockierte sich über Kritik an der Demonstration, die er zynisch mit NS-Vokabular gleichsetzte: „Ich wurde eben gefragt, hier seien ja womöglich auch Neonazis, hier seien Hooligans, wie kann man mit solchen Menschen reden? Aber selbstverständlich, oder sind das etwa Untermenschen?“ Wo Dialog verweigert werde, sei der erste Schritt in die Diktatur getan, so Ulbrich weiter. Darüber hinaus behauptete Ulbrich im Duktus der Reichsbürger, dass die BRD rechtswidriger Weise keine Verfassung habe. Er forderte zudem, dass wieder alle drei Strophen des Lied der Deutschen zur Nationalhymne würden. Denn diese sei in der heutigen Form „amputiert, und zwar ganz bewusst zunächst einmal aus Rücksicht gegenüber internationalen Mächten”. Mit Johannes Sondermann war auch ein Vertreter der Berliner AfD vertreten, der abermals Flagge zur „Patriotischen Plattform“ bekannte. Noch einen Schritt weiter ging Sylvia F., die zumindest dem Umfeld der AfD Steglitz-Zehlendorf zuzuordnen ist. So unterstützte sie in vertrauter Runde den Kreisverband im Berliner Wahlkampf und war auch bei internen Parteiveranstaltungen wie der Wahlkampffeier der Berliner AfD zugegen. Darüber hinaus scheint sie persönlich eng verbunden mit Christian Müller (Pogida) sowie dem „Hand in Hand“-Bündnis.

AfD-Sympathisantin Fechner mit Neonazis aus Thüringen (c) Kilian Behrens / apabiz
AfD-Sympathisantin Sylvia F. mit Neonazis aus Thüringen. Slogan, Farbgebung und das Zahlenkürzel „14 88“ in der Ecke unten rechts lassen keinen Zweifel an der ideologischen Ausrichtung. © Kilian Behrens / apabiz

Nicht zuletzt aufgrund des einsetzenden Regens entstand bei einzelnen TeilnehmerInnen Unmut darüber, dass sich die Reden („Das wissen wir doch alles“) so lange hinzogen. Erst gegen 16.30 Uhr setzte sich die Demonstration in strömendem Regen in Bewegung, und mutete für Außenstehende zunächst wie ein Trauermarsch an, bis letztlich Sprechchöre wie „Ob Ost, ob West, nieder mit der roten Pest“ für die gewohnte Atmosphäre sorgten. Auf Höhe der Friedrichstraße war es antifaschistischen Gegendemonstrant_innen erstmalig gelungen, die Route zu blockieren, weshalb der Aufmarsch für mehrere Stunden bis kurz nach 19 Uhr am Friedrichstadtpalast zum Stillstand kam. In der Zwischenzeit gab es eine angeblich spontane musikalische Einlage von Patrick Killat aka Villain051, mit gewohnt eher holprigen Reimen. In seinen Texten zielte Killat auch mit derben sexistischen Zuschreibungen auf Angela Merkel ab – was nicht zuletzt im Widerspruch zur Inszenierung der DemonstrantInnen als Verteidiger von Frauen stand. Während Anmelder Stubbe sich nicht auf eine Ausweichroute einließ, verließen etliche TeilnehmerInnen genervt die Veranstaltung, ein aus Dresden organisierter Reisebus musste die Rückfahrt antreten. Die Räumung der antifaschistischen Blockade, bei der es nach etlichen Berichten auf twitter zu brutalen Szenen seitens eingesetzter Polizeibeamter gekommen war, ermöglichte es der „Merkel-muss-weg“-Demonstration schließlich, ihren Weg auf der angemeldeten Route durch die kleinen Straßen des Scheunenviertels fortzusetzen. Für die verbliebene Strecke zum Alexanderplatz setzte sich Sebastian Schmidtke gemeinsam mit einem weiteren Berliner Neonazi an die Spitze des Zuges. Zwischenzeitlich waren Slogans wie „Ganz Berlin hasst die Polizei“, oder „Wo, wo, wo wart ihr Silvester“ skandiert worden, nun gerierte sich die mittlerweile fast nur noch aus Neonazis, Hooligans und dem teilweise älteren Bärgida-Klientel zusammensetzende Demonstration damit, erfolgreich Widerstand geleistet zu haben.

Thor Steinar und "Der III. Weg". Teilnehmer der "Merkel muss weg"-Demonstration.
Thor Steinar und „Der III. Weg“. Teilnehmer der „Merkel muss weg“-Demonstration. © Kilian Behrens / apabiz

„Hand in Hand“ in der City West

Nachdem die erste Demonstration des Zusammenschlusses „Hand in Hand“ mit rund 80 Personen bereits am 24. September unter dem Motto „Frei, Sozial und Souverän“ durch die City West gelaufen und trotz der geringen TeilnehmerInnenzahl Straßen und Auftaktort umfangreich abgesperrt worden waren, erschienen an diesem Samstag noch rund 50 Personen zur Auftaktkundgebung am Bahnhof Zoo. Die Organisatoren von „Hand in Hand“, die vorher zum Teil selbst in die Organisation der „Merkel-muss-weg“-Demonstrationen eingebunden waren, hatten vor allem aus zwei Gründen ein eigenes Event organisiert. Während man sich durch die Rolle von Pro Deutschland zum einen von der Parteigebundenheit der „Merkel-muss-weg“-Demonstrationen gestört fühlte, wollte man zum anderen auch eine größere Öffentlichkeit erreichen, was mit den „Merkel-muss-weg“-Demonstrationen im weiträumig abgesperrten Regierungsviertel kaum der Fall ist. Die erste Demonstration von „Hand in Hand“ war noch von Pegida-Anwalt Jens Lorek moderiert worden, nun führte Eric Graziani Grünwald, der zuletzt noch bei „Merkel muss weg“ gesprochen hatte, durch die Veranstaltung. Die TeilnehmerInnen setzten sich wie bei der Demonstration am Hauptbahnhof vor allem aus verschiedenen  „Bürgerinitiativen“ aus den neuen Bundesländern und klar erkennbaren Neonazis zusammen. Präsent und organisatorisch eingebunden war das sogenannte „Bürgerbündnis Havelland“, das seit einem Jahr in Rathenow ähnliche Demonstrationen durchführt. Auch die fast völlige Abwesenheit von rechten DemonstrantInnen aus Berlin verdeutlicht, dass es sich bei „Hand in Hand“ um einen Kreis von rechten Akteuren handelt, der in ähnlicher Zusammensetzung auch in Städten Brandenburgs und Sachsen-Anhalts auftritt. Neben dem „Bürgerbündnis Havelland“ waren auch Neonazis der „Brigade Magdeburg“ zugegen, die zudem einen Redebeitrag beisteuerten. Die „Brigade Magdeburg“ hatte im Oktober selbst einen Aufmarsch mit rund 80 Personen in Magdeburg organisiert, wo nicht nur „Hand in Hand“ mit einem eigenen Transparent teilgenommen hatte, sondern auch Eric Graziani Grünwald als Moderator fungierte. Während der Demonstration durch die City West ließ es sich Graziani nicht nehmen, Passanten und Touristen mit der rhetorischen Frage anzubrüllen, wo denn heute die „richtigen Männer seien“, die „für ihr Land kämpfen“? Etliche PassantInnen reagierten mit Unmutsbekundungen und Widerspruch auf die Demonstration.

"Hand in Hand"-Demonstration in der City West (c) Alex Stifte
„Hand in Hand“-Demonstration in der City West © Alex Stifte

Compact: „Konferenz für Meinungsfreiheit“

Nachdem der Vermieter der Veranstaltungsräume in Köln Compact bereits vor einigen Wochen eine Absage erteilt hatte, hatte das verschwörungsideologische Magazin um Jürgen Elsässer angekündigt, die „Konferenz für Meinungsfreiheit“ in Berlin abzuhalten. Einmal mehr stellte das Halong-Hotel in Mitte seine Räumlichkeiten zur Verfügung. Dem Motto entsprechend beklagten die Redner auch durchgängig eine vermeintliche Meinungsdiktatur von „Lügenpresse“, „Altparteien“ und der „rot-lackierten SA“ (Elsässer). Neben Elsässer gab es Redebeiträge von Karl-Albrecht Schachtschneider (Staatsrechtler, „Ein-Prozent“), André Poggenburg (AfD Sachsen-Anhalt), Martin Sellner (Identitäre Bewegung Österreich), Oskar Freysinger (SVP, Schweiz) und dem extra aus Teneriffa eingeflogenen Lutz Bachmann (Pegida). Auch die am Rande der Konferenz durch Compact TV geführten Interviews u.a. mit Robert Timm (IB Berlin-Brandenburg), Esther Seitz (u.a. „Karlsruhe wehrt sich“) oder Franz Wiese (AfD-Landtagsabgeordneter in Brandenburg) verdeutlichen, dass es Elsässer gelungen ist, die verschiedenen Spektren der rechten sozialen Bewegung zusammenzubringen. So dürfte insbesondere der Netzwerkcharakter der Konferenz kaum zu unterschätzen sein. Dementsprechend erntete Lutz Bachmann Applaus, als er für den Zusammenhalt der verschiedenen Spektren warb und auch noch einmal die Rolle von nicht-anwesenden rechten Netzwerkern wie Götz Kubitschek würdigte. Im Halong-Hotel hatten schon zahlreiche Compact-Veranstaltungen stattgefunden. Erstmals gab es dagegen wahrnehmbaren antifaschistischen Protest. Mehrere Dutzend Teilnehmende begrüßten die Konferenz-BesucherInnen mit entsprechenden lautstarken Unmutsbekundungen.

Martin Sellner am Rande der Compact-Konferenz im Interview mit "Foxi-News", die sich schließlich als "Heute Show" herausstellten. (c) apabiz
Martin Sellner am Rande der Compact-Konferenz im Interview mit „Foxi News“, die sich schließlich als „Heute Show“ herausstellten. © apabiz

„Million Mask March“ am Brandenburger Tor

Ein Teil der rechten DemonstrantInnen zog schließlich weiter zur Anonymous-Demonstration am Brandenburger Tor, die vom Reichsbürger Christoph Kastius moderiert wurde und zu der sich bis zu 100 Personen zusammengefunden hatten. Sowohl „Hand in Hand“ als auch die Gruppe, die unter dem Label „Anonymous“ als Teil der rechten Friedensbewegung agiert, hatten im Vorfeld für die gegenseitige Teilnahme an ihren Veranstaltungen geworben. Tausende Menschen demonstrierten am Samstag in verschiedenen Großstädten weltweit unter dem „Anonymous“-Label gegen Überwachung und Krieg. Die Offenheit des Labels, unter dem praktisch jeder agieren kann und das Pauschalhafte der Forderungen nach einer „wirklich freien Welt“ und Frieden hat in Berlin vor allem AnhängerInnen aus dem Spektrum der rechten Friedensmahnwachen auf den Plan gerufen. Nicht wenige der DemonstrantInnen trugen Guy Fawkes-Masken, Transparente mit politischen Forderungen waren hingegen kaum vorhanden. Die Reden und Sprechchöre wendeten sich gegen die USA („Ami go home“) und wie bei allen anderen rechten Veranstaltungen an diesem Tag auch gegen eine vermeintliche „Unfreiheit“ Deutschlands, wobei antisemitische Chiffren („Rockefeller, Rothschild und wie die Alle heißen“) hier deutlicher zu Tage traten als bei den anderen Veranstaltungen. Die Demonstration endete am Hauptbahnhof.

Rechte Selbstermächtigung als Motor

Es ist erstaunlich, dass ein ähnliches Spektrum – von Nuancierungen abgesehen, so spielt das Thema Asylpolitik bei anonymous eher keine Rolle – gleich drei Demonstrationen zeitgleich in Berlin durchführt. Der Versuch der Organisatoren der „Merkel muss weg“-Demonstration, eine kontinuierliche und spektrenübergreifende rechte „Großdemonstration“ in Berlin zu etablieren, steht damit auf wackligen Füßen, auch wenn die nächsten Demonstrationstermine 2017 bereits beworben werden. Das der Versuch des Brandenburger AfD-Abgeordneten Franz Wiese, ab dem 16.11. jeden Mittwoch unter dem Motto „Merkel muss weg“ zum Kanzleramt zu mobilisieren, größeren Erfolg haben wird, darf daher getrost bezweifelt werden. Gegenüber Compact äußerte Wiese, dass es ihm darum ginge, „dass diese Kanzlerdiktatorin endlich abtritt“ und auch „diese sogenannten Altparteien, eigentlich müssten die jetzt weg. Es müsste jetzt ganz was neues kommen.“ Was das sein soll, blieb offen. Die Beharrlichkeit, die die Akteure der völkisch-nationalistischen Bewegung auf der Straße zeigen, verdeutlicht sich schon nicht zuletzt bei Bärgida, deren Orga-Team trotz des immer gleichen Kreises an Teilnehmenden und der sehr geringen Außenwirkung weiterhin wöchentlich zum Washingtonplatz mobilisiert. Keine dieser Veranstaltungen schafft es derzeit, noch neue InteressentInnen anzuziehen – ein wesentlicher Aspekt ist vielmehr die Selbstbestätigung im eigenen Handeln und im eigenen Weltbild, nämlich Opfer einer groß angelegten Kampagne gegen das „deutsche Volk“ zu sein, und der Glaube, für die Mehrheit der noch schweigenden Bevölkerung zu sprechen. Die aus diesem Denken resultierende Selbstermächtigung im Sinne eines Widerstandes gegen die angeprangerten Verhältnisse ist allen vier Veranstaltungen gemein und kann sicherlich als zentraler Motor begriffen werden.

 

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