Herr Wanke, wie haben Sie gestern vom Verbot der „Freien Kräfte Teltow-Fläming“ erfahren?
Als ich gestern Morgen um 8.00 Uhr in mein Büro fuhr, das in unmittelbarer Nähe der Polizeiwache Zossen liegt, bemerkte ich ein großes Polizeiaufgebot, Fahrzeuge fuhren und kamen, es wurden Rechner und große Kartons ausgeladen. Da war mir klar, dass eine größere Durchsuchungsaktion lief. Von dem Verbot erfuhr ich dann aus dem Internet und durch einen Anruf vom Aktionsbündnis Brandenburg.
Was ging nach dem Verbot in Ihnen vor? Erleichterung oder Ernüchterung?
Natürlich habe ich mich über das Verbot gefreut. Ich sehe es vor allem als Erfolg unseres zivilgesellschaftlichen Engagements. Zuletzt hatte sich im Norden von Berlin die rechte Gruppierung KMOB aufgelöst. Auch hier war es die Zivilgesellschaft, die durch ihren aktiven Widerstand die Öffentlichkeit auf rechtsextreme Aktivitäten aufmerksam gemacht und sich ihnen entgegengestellt hat. Hier sehe ich durchaus Parallelen der Entwicklung, auch wenn ich weiß, dass das durch die Politik nicht mitgetragen wird. Allerdings habe ich keine Illusion, dass das Verbot ein endgültiger Erfolg ist, sondern wohl eher ein Etappensieg. Das rechtsextreme Denken existiert weiter und andere rechtsextremistische Organisationen sind noch aktiv. Schon im letzten Jahr entstanden die „Nationalen Sozialisten Zossen“, das „Infoportal Teltow-Fläming“ und der Ortsverband Teltow-Fläming der NPD. Die Auseinandersetzungen mit dem Rechtsextremismus müssen also weitergehen.
Die Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ stand immer wieder in der Kritik der Bürgermeisterin. Sehen Sie ihre Arbeit nach dem Verbot bestätigt?
Der heutige Tag zeigt einfach auch, dass das Ignorieren, Wegsehen und Verharmlosen des Rechtsextremismus, das auch von der Zossener Bürgermeisterin Schreiber betrieben wurde, ein schwerer Fehler war und ist. Für das Herstellen von Öffentlichkeit mussten wir uns u. a. als „Nestbeschmutzer“ bezeichnen lassen. Aber, so wissen wir schon länger, es waren eben nicht einige irre geleitete Jugendliche, wie immer wieder seitens der Wählergruppierung „Plan B“ behauptet wurde, sondern bei den „Freien Kräften Teltow-Fläming“ handelte es sich um eine feste und organisierte Struktur der Rechtsextremen.
Kritiker bemängeln, dass sich die Aktivisten der „Freien Kräfte“ bereits längst in anderen Strukturen bzw. unter anderen Namen zusammengefunden hätten. Kam das Verbot nicht zu spät?
Zu spät kommt nach meiner Auffassung die juristische Auseinandersetzung mit den Freien Kräften. Völlig unverständlich ist, dass z.B. 15 Monate nach dem Brand des „Hauses der Demokratie“ der Drahtzieher Daniel T. noch immer nicht verurteilt wurde. Nicht mal ein Prozesstermin steht fest. Niemand beantwortet uns Bürgern die Frage, warum das so lange dauert. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass man unser Nachfragen nicht mal ernst nimmt.
Glauben Sie, dass das Verbot Auswirkungen auf die Situation in Zossen haben wird?
Das Verbot wird keine großen Auswirkungen auf die Situation vor Ort haben. Stärker sind die Auswirkungen unseres Familienfestes, zu dem am vergangenen Wochenende mehr als 600 Besucher kamen. Hier wurde deutlich, dass unsere Bürgerinitiative trotz aller Kritik seitens der Bürgermeisterin und den rechtspopulistischen Diffamierungen durch den Pressesprecher der Wählergruppierung Plan B, Thomas Böhm, der uns zuletzt als Zecken und Antisemiten bezeichnete, anerkannt ist und viele Freunde im Ort hat. Da sind wir also immer noch und wir machen weiter.
Seit dem Brandanschlag auf das „Haus der Demokratie“ ist es ruhig um Zossen geworden. Wie ist die Lage derzeit bei Ihnen vor Ort?
Die Lage ist tatsächlich ruhiger geworden. Trotzdem stehen wir immer noch am Anfang der Auseinandersetzungen, denn das rechte Gedankengut ist nicht verschwunden und gerade unter jungen Leuten in Zossen weit verbreitet. Hier gilt es anzusetzen.
Herr Wanke, vielen Dank für das Gespräch!
Bildquelle: Screenshot von der Website der „Nationalen Sozialisten Zossen“ – Diese Gruppe ist ExpertInnen zufolge eine der Strukturen, in der sich Teile der ehemaligen AnhängerInnen der „Freien Kräfte Teltow-Fläming“ schon vor dem Verbot gesammelt haben sollen.