Kulturelle Diversität bildet den Grundstein für die Arbeit von Joliba

Kulturelle Diversität bildet den Grundstein für die Arbeit von Joliba und wird als wertvolles Gesellschaftsgut gefördert. Die vielfältigen Kultur- und Bildungsveranstal­tungen sind einem breiten Publikum zugänglich und hinterfragen rassistische Denk-und Handlungsweisen. Die Themen rund um Interkulturalität, Migration, Flucht und Diskriminierung werden sowohl durch Multiplikator*innen als auch durch das inter­kulturelle Netzwerk in den gesellschaftlichen Diskurs weitergetragen. Joliba setzt sich dafür ein, gesellschaftliche Minderheiten zu stärken, ihre Rechte einzufordern und sie in ihrem Empowerment zu unterstützen. Die Arbeit im Verein wird durch ein großes ehrenamtliches Engagement getragen, doch die Nachfrage nach den Angebo­ten ist im letzten Jahr um ein Vielfaches gestiegen. Joliba erhält keine institutio­nelle Förderung und ist daher auf Spenden angewiesen. Damit Joliba weiterhin die fachlichen Angebote sowie die Räumlichkeiten zur Verfü­gung stellen kann, braucht der Verein dringend finanzielle Unterstützung.

Spurensuche zu Schwarzen Menschen unter der NS-Diktatur

Seit 30 Jahren forschen die Historikerinnen Paulette Reed­-Anderson und Katharina Oguntoye, Mitbegründerin von Joliba, zu den Erfahrungen von Menschen mit afrikani­schen Wurzeln in Deutschland und ihren Lebensumständen während der deutschen Kolonialzeit und in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. In den letzten Jahren arbeitete Joliba auch mit Jugendlichen zu diesem Thema. Joliba existiert seit 20 Jahren, unzählige Male war hören: „Ach, euch gibt es noch!?“, oder noch direkter: „Wozu wird denn ein eigener Verein für schwarze Menschen gebraucht? Sie können doch zu den bestehenden sozialen Vereinen gehen.“

Eine Anerkennung in größerem Rahmen bekamen wir das erste Mal 2013.

Eine Anerkennung in größerem Rahmen bekamen wir das erste Mal 2013. Als eines von 40 Projekten, haben wir die Portalausstellung im Deutschen Historischen Museum (DHM) zum Berliner The­menjahr  „Zerstörte Vielfalt. Berlin 1933 – 1938 – 1945“ gestaltet. Joliba erhielt durch Zufall die Gelegenheit, mit einem Jugend-Kunst-Projekt zum Thema ‚Gedenken an die schwarzen Opfer von Rassismus, Kolonialismus und Nazi-Terror‘ teilzunehmen. Wir er­fuhren viel Unterstützung, sowohl durch die Mitarbeiter*innen des DHM als auch durch die Förderer Kulturprojekte Berlin und später durch die Stiftung Erinnerung – Ver­antwortung – Zukunft‘ (EVZ). Das war ein großartiger Rahmen, um die langjährige Forschungsarbeit einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und gleichzeitig mit jungen Menschen zum Thema Geschichte zu arbeiten. In Kunstworkshops mit dem international bekannten Künstler Satch Hoyt gestalteten Jugendliche und Erwachsene mehrere Ideen zur Erinnerung an die Opfer. In einer Ausstellungsinstallation wurde die Geschichte schwarzer Menschen unter der NS-Herrschaft dargestellt. Das Präsentati­onskonzept stellt die Fotografen der Familie Diek und anderer in den Vordergrund, so dass die komplexe Geschichte in einer direkten und emotional ansprechenden Weise er­fasst werden kann. Mandenga Diek kam 1891 im Alter von 20 Jahren aus Kamerun nach Deutschland. 1897 wurde er in Hamburg eingebürgert und heiratete in zweiter Ehe die Danzigerin Emilie Wiedelinski. Die beiden Töchter des Paa­res Erika und Doris Diek wuchsen während der Weimarer Republik und der NS-Diktatur auf und wurden als Zeitzeu­ginnen in der Publikation Farbe Bekennen befragt. Dieses Buch, erschienen 1986, thematisiert zum ersten Mal die Le­benssituation der Afro-Deutschen und Afrikaner*innen zu Beginn des 20sten Jahrhunderts in Deutschland. Zur Ausstellungseröffnung konnten wir den Erfolg unserer Vermittlungsbemühungen erleben.

Dieser Komplex, die Erfahrung schwarzer Menschen in der NS-Diktatur, und diese Opfergruppe ist uns bisher entgangen und wir haben sie übersehen.

Von offizieller Seite wurde un­sere Arbeit wahrgenommen und lobend erwähnt. In einem Statement hieß es: „Dieser Komplex, die Erfahrung schwar­zer Menschen in der NS-Diktatur, und diese Opfergruppe ist uns bisher entgangen und wir haben sie übersehen. Es ist lobenswert, dass eine kleine NGO sich dieses Themas angenommen hat und so interessante Ergebnisse hervorgebracht hat.“ Das war für unsere Forschungs- und Vermittlungsarbeit Genugtuung und Ansporn zugleich. Alle Beteiligten machen diese Arbeit zwar kontinu­ierlich, aber zu sehen, dass die Ergebnisse auch eine breitere Öffentlichkeit erreichen, ist doch auch eine große Freude. Mit der Ausstellung ist auch die Publikation Menschen Orte Themen. Zur Geschichte und Kultur der afrikanischen Diaspora in Berlin von Paulette Reed-Andersohn entstanden, sie wurde stark nachgefragt und die Installation 2014 und 2015 mehrmals im öffentlichen Raum ausgestellt. Wir hoffen, sie wird weiter gezeigt werden.

Sich austauschen mit Zeitzeug*innen

Das Jugend-Kunst- und Geschichts-Projekt wurde ebenso fortgesetzt, um jungen Afro-Deutschen eine Begegnung mit den afro-deutschen Zeitzeug*innen zu ermöglichen. Die Begegnungen und Interviews wurden filmisch dokumentiert. Die Zeitzeug*innen, im Alter von Mitte achtzig bis Mitte neunzig waren in der Nazi-Zeit Kinder oder Teenager, also so alt wie unsere Teilnehmer*innen jetzt sind. So kreisten ihre Fragen um die Erfahrungen der Zeitzeug*innen mit Gleichaltrigen, in der Schule und mit Lehrer*innen und Eltern. Dies ist für die Jugendlichen ein wichtiger Aspekt, um einen Zugang zu diesem, für sie kaum erfassbaren Themenkomplex, der Verfolgung in der NS-Diktatur zu erhalten. In einem weiteren Workshop wurde die Autobiographie von Theodor Michael, die von sei­nen Kindheitserlebnissen in den 1920er und 1930er Jahren handelt, von der Schauspielerin Lisa Adler dramaturgisch bearbeitet und in einer dramatischen Lesung von den Teil­nehmenden vorgetragen.

Sie empfand es als erschütternd, dass sich in dieser großen Zeitspanne und trotz der äußeren Veränderungen immer noch die gleichen Diskri­minierungen zeigten.

In der Arbeit mit den Texten setz­ten sich die Jugendlichen im Alter von 17 bis 20 Jahren mit der Erfahrung schwarzer Kinder in dieser Zeit auseinander, wobei auch die eigenen Erfahrungen der Jugendlichen mit einbezogen wurden. Erstaunt stellte die Begleiterin Lisa Adler fest, dass die Jugendlichen von ähnlichen Diskrimi­nierungserfahrungen aufgrund ihrer Hautfarbe berichteten. Sie empfand es als erschütternd, dass sich in dieser großen Zeitspanne und trotz der äußeren Veränderungen immer noch die gleichen Diskriminierungen zeigten. Um den Erlebnissen der jungen Menschen Ausdruck zu verleihen, interviewten sie sich gegenseitig und hielten dies filmisch fest. Der visuelle Künstler Todd Ford unterstützte diesen Pro­zess durch die Videoaufnahmen und die Erstellung der Dokumentations-DVDs. Die Medien – wie auch die bearbeiteten Dialoge von Theodor Michaels Buch – stehen für die weiterführende Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zur Verfügung. Damit wer­den wir im Joliba in diesem Jahr einen Workshop zur Umsetzung einiger Szenen mit den Mitteln des Trickfilms durchführen. Die Jugendgruppen sind immer auch für neue interessierte Teilnehmer*innen offen. Wir wollen weiterhin jungen Menschen die Aus­einandersetzung mit diesen Themen der Geschichte ermöglichen, die auch für die Identitätsfndung und Verortung in der deutschen Gesellschaft heute von großem Wert sind.

 

Joliba e.V. ist ein interkulturelles Beratungs- und Begegnungszentrum am Görlitzer Park, das seit 20 Jahren Angebote für afrikanische Flüchtlinge und Migrant_innen sowie interkulturelle Familien konzipiert und durchführt.

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