Die Kundgebung gegen das geplante sogenannte „Tempohome“ fand ab 19 Uhr in der Venusstraße Ecke Ortolfstraße statt. An der Straßenkreuzung dicht gedrängt standen die Teilnehmenden um eine kleine Baustellentreppe herum. Vor dieser provisorischen Bühne spannten zwei ältere Frauen ein Transparent mit der Aufschrift „Politiker wollen uns nicht höhren. Sie wollen unseren Ort zerstören. Was zu viel ist wird arg deshalb machen wir uns stark!“ (Fehler im Original). Außerdem wurden vereinzelt selbst gemachte Schilder mit Aufschriften wie „Kein Tempohome in Altglienicke“ gehalten. Eröffnet wurde die Kundgebung von Rüdiger Schreiber als Vertreter des Organisationskreises. Während seiner von einer kleinen Lautsprecheranlage verstärkten Eröffnungsrede sprach er sich nicht nur gegen die geplante Unterkunft, sondern auch gegen eine vermeintliche „Political Correctness“ aus. Dabei bezog er sich auf die verteilten Einladungsflyer, die im Vorfeld der Kundgebung vor allem auf Facebook wegen der Verwendung des Wortes „Asylant“ kritisiert worden waren.
Anschließend sprach die CDU-Kreisvorsitzende Katrin Vogel, die die Kundgebung im Vorfeld auf Facebook beworben hatte und sich offen als Mitglied der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus vorstellte. Obwohl sie im Vorhinein darauf hingewiesen worden war, dass die Kundgebung von (extrem) Rechten als Plattform genutzt werden könnte, betonte sie dennoch ihre Meinung frei äußern zu wollen, da sie keine Neonazis sehe. Allerdings gaben sich zahlreiche Teilnehmende allein durch ihre Kleidung als Anhänger der (extremen) Rechten zu erkennen. So wurden neben Kleidungsstücken von „Thor Steinar“ und der extrem rechten Marke „European Brotherhood“ auch ein T-Shirt mit dem neonazistischen Aufdruck „White Power“ offen zur Schau getragen. Zudem befanden sich unter den Teilnehmenden zahlreiche bekannte Neonazis aus Treptow-Köpenick. So nahmen beispielsweise die selbsternannten „Cöpenicker Patrioten“ teil, die seit Anfang November regelmäßig Kundgebungen gegen die Notunterkunft in der Glienicker Straße durchführen. Auch Andreas Käfer, der Kreisvorsitzende der NPD Marzahn-Hellersdorf befand sich unter den Protestierenden.
In ihrer Rede beklagte Vogel, dass Geflüchtete anders im Bezirk verteilt werden müssten und in Altglienicke ihrer Meinung nach bereits genug Unterkünfte existierten. Am Ende wagte sie einen durchaus drohenden Ausblick auf mögliche Widerstandsformen abseits der demokratischen Meinungsäußerung, falls die Forderungen der Anwohnenden nicht erfüllt würden: „Und dann müssen wir uns auch andere Gedanken machen, was wir tun können, um dieses Bauvorhaben zu verhindern.“ Diesen Ausblick griff ein weiterer Redner auf und kündigte an: „Wir erwarten Aufklärung, wir erwarten Mitbestimmung. Und solange das nicht geschieht, fühlen wir uns im Recht auch Baumaßnahmen zu behindern!“
Im Anschluss forderte Rüdiger Schreiber alle Teilnehmenden auf, eine Petition der Bürgerinitiative zu unterschreiben. Dort wird „eine gleichmäßige Verteilung“ von Geflüchteten im Bezirk gefordert. Außerdem spricht sie sich „gegen die massive Konzentration von Asyl- und Flüchtlingsunterkünftigen in Altglienicke“, gegen „unzureichende Informationen“ und für den Baustopp der Unterkunft am Bahnweg Ecke Molchstraße aus, denn der Bau sei „ohne schlüssige Begründung der zwingenden Notwendigkeit“. Als letzter Redner meldete sich ein weiterer Anwohner zu Wort und stellte sich gegen eine vermeintliche „Ghettounterbringung“ und eine weitere Aufnahme von Kriegsflüchtlingen. Während der gesamten Veranstaltung wurden keine Parolen gerufen. Zustimmung wurde aber regelmäßig durch lautes Klatschen der Teilnehmenden geäußert. Auf Zwischenrufe, die sich u.a. gegen Moschee-Bauten aussprachen oder Vorschläge, auch an PEGIDA- oder „Merkel muss weg“-Demonstrationen teilzunehmen, reagierten die Organisatoren und Katrin Vogel nicht.
Nur wenige Tage später wurde am Freitag, den 13. Mai, vormittags die angekündigte Drohung in die Tat um gesetzt. Zwei vom Bezirksamt beauftragte Landschaftsgärtner, die auf dem Gelände mit der Beseitigung des Gestrüpps beschäftigt waren, wurden von mehreren Anwohner_innen an ihrer Arbeit behindert. Erst nachdem die Polizei hinzugekommen war und die Anwohner_innen entfernt hatte, konnten die Arbeiten fortgesetzt werden.
Die nächste selbst ernannte „Montagsdemonstration“ in Altglienicke soll am 23. Mai 2016 an gleicher Stelle stattfinden.