Bereits seit 10 Uhr lief das umfangreiche »Begleitprogramm« zum »Zwischentag« mit mehr als 20 Beiträgen – unterteilt in Politik und Kultur. Die ausnahmslos männlichen Referenten präsentierten dort ihre politischen Projekte und Veröffentlichungen.
Während des »Politik-Podiums«, dem letzten Punkt des Hauptprogramms, waren mit mehr als 200 ZuhörerInnen alle Plätze des Saals besetzt. Moderiert von Götz Kubitschek, dem Hauptinitiator des »Zwischentags«, stellte Gabriele Adinolfi das »Centro Studi Polaris« vor. Bekannt wurde der Italiener nicht nur als Vordenker und Publizist der italienischen extremen Rechten, sondern vor allem durch seine mutmaßliche Rolle bei dem Anschlag in Bologna im Jahr 1980[1]. Im Vorfeld wurde bereits seine Teilnahme bei der Tagung öffentlich thematisiert. Auch wenn von Kubitschek der Verdacht gegen Adinolfi in Ansätzen thematisiert wurde, bot der »Zwischentag« vor allem eine Plattform für seine Projektvorstellung. Seine aktuell zentrale Rolle im extrem rechten Milieu Italiens blieb dabei wohl den meisten ZuhörerInnen verborgen.
Deutlicher in seinen politischen Aussagen war der Abgeordnete der ungarischen Rechtsaußen-Partei Jobbik, Márton Gyöngyösi, der als spontaner Redner bei einem vorherigen Tagungspunkt auftrat. Offensiv erteilte der Ungar dem Liberalismus in Europa eine Absage. Der Politiker ist für seine antisemitischen Äußerungen bekannt.
Politik statt Kultur
Parallel zum politischen Vortragsprogramm gab es diesmal auch ein Kulturprogramm, das von Buchvorstellungen, über Lesungen bis hin zu einem musikalischen Beitrag reichte. Mit dieser Programmerweiterung versuchte der Veranstalter den TeilnehmerInnen wohl vermeintlich konservative Kultur aktiv näher zu bringen und erklärte »konservativ zu sein, bedeutet ja gerade, abseits aller Erregungskurven der Öffentlichkeit das Immer-Gültige und die Kultur in den Vordergrund zu rücken«. Dennoch konnte eine Veröffentlichung zur westgermanischen Sprache im Frühmittelalter vom Verlag Inspiration Un Limited (Berlin) nur wenige Dutzend ZuhörerInnen mobilisieren.
Den vermeintlichen Höhepunkt des kulturellen Programms bildete der Auftritt von Sacha Korn als nationalistischem Pop-Rocker mit der Akustikgitarre. Doch auch dieser konnte nicht mehr Aufmerksamkeit als das übrige kulturelle Programm auf sich ziehen und ging in den Abbautätigkeiten der Veranstaltung unter.
Das »Politik-Podium« dagegen präsentierte zahlreiche aktuelle Aspekte der Neuen Rechten in 12 Einzelveranstaltungen, die auch vom Publikum in der Regel gut angenommen wurden. War die »Identitäre Bewegung« ein viel beachtetes Thema auf dem Podium, konnten vor allem die französischen Vertreter der »Identitären« aufgrund ihres beschriebenen Aktionismus das eher theorielastige Publikum begeistern.[2] Neben Adinolfi stießen vor allem zwei Debatten auf größeres Interesse: Die Ausführungen eines Redakteurs des rechten Verschwörungsmagazins Compact zum »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) und das Zwiegespräch zwischen Karlheinz Weißmann und dem ehemaligen Berliner Senator George Turner über Bildungspolitik.
Präsentieren und vernetzen
Auch wenn sich das Publikum vom »Zwischentag« überwiegend aus Männern älterer Jahrgänge zusammensetzte, waren offensichtlich viele Angehörige verschiedenster Studentenverbindungen sowie der eher gesichtslosen »Identitären Bewegung« der Einladung zum »Zwischentag« gefolgt. Diese fanden nicht nur im Tagungsprogramm ihren Platz, sondern waren auch gleich mit drei Informationsständen – aus Deutschland, Österreich und Frankreich – vertreten. Neben den Ständen des Instituts für Staatspolitik (IfS) mit seiner Zeitschrift »Sezession«, der »Edition Antaios« von Götz Kubitschek und dem Projekt »Blaue Narzisse« um Felix Menzel waren über 30 weitere Projekte vor Ort. Als Burschenschaften waren u.a. »Germania« aus Marburg und die »Gothia« aus Berlin sowie der Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) im Messesaal zu finden. Desweiteren präsentierten sich Verlage wie Uwe Berg, Regin und Karolinger neben den Zeitschriften des Verlegers Dietmar Munier. Eher »randständig« waren dagegen die überschaubaren Auslagen des anti-islamischen Blogs Pi-News oder der Kleinstgruppe »German Defence League«. Für den »konservativen Chick« sorgten die »exklusiven« Klamotten des Mannheimer Labels ProPatria aus dem burschenschaftlichen Milieu. Als internationale Vertreter fanden sich neben den »Identitären« aus Frankreich beispielsweise auch die belgische Zeitschrift TeKoS ein. Auch wenn es zahlreiche Aussteller gab, war das Spektrum der (vermeintlichen) Intellektuellen Rechten in Deutschland überschaubar.
Fast alle waren da
Ein wesentlicher Akteur fehlte in dieser Nabelschau der Neuen Rechten nur allzu offensichtlich. War im letzten Jahr die neurechte Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) und die Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (FKBF) noch umfangreich materiell und personell vertreten, fehlten diesmal beide Projekte.[3] Bereits in der Ankündigung des Messeprogramms waren die beiden Vorzeigeprojekte von rechts nicht zu finden. Im Nachgang der Tagung wurden die Differenzen zwischen der JF/FKBF und dem »Zwischentag« als Produkt aus dem Hause IfS zumindest angerissen. Der JF-Nachwuchsredakteur Henning Hoffgard kritisierte die Anwesenheit von Adinolfi sowie Gyöngyösi und bestritt die Anschlussfähigkeit des »italienischen Faschismus« für Konservative. Demnach habe die Messe eine Schlagseite bekommen, der schließlich die Absage der beiden Projekte folgte. Ein weiterer Punkt in dem nicht ganz spannungsfreien Verhältnis von der JF unter Dieter Stein und dem Institut für Staatspolitik. Trotz aller inhaltlicher Differenzen schreibt Weißmann als ideologischer Kopf des Instituts eine Kolumne für die Zeitung aus Berlin und referiert für die Stiftung.
Generationswechsel?
Am Ende des »Zwischentags« folgte die Mitteilung von Götz Kubitschek, dass die nächste »Freie Messe« von Felix Menzel veranstaltet werden wird. Dieser wurde gemeinsam mit dem Projekt »Blaue Narzisse« in den letzten Jahren nicht nur vom Institut kontinuierlich gefördert, sondern Menzel übernahm selbst auch zunehmend Aufgaben im Geflecht des Instituts für Staatspolitik (IfS). Auch wenn das Institut für Staatspolitik nicht vordergründig als Veranstalter des »Zwischentags« auftrat, waren es mit Kubitschek und Menzel vor allem Personen des IfS, die den Zwischentag organisierten. Auch das Begleitprogramm der Tagung war nur allzu deutlich von Instituts-eigenen oder ihm nahestehenden Projekten dominiert. Die zentrale Rolle des Instituts innerhalb der überschaubaren Projektlandschaft der Intellektuellen Rechten in Deutschland wurde abermals beim »Zwischentag« deutlich.
Trotz des gesteigerten Interesses gegenüber dem Vorjahr blieben antifaschistische Proteste und die mediale Auseinandersetzung gegen den »Zwischentag« die Ausnahme.
Der Beitrag erschien zuerst im AIB 101 / 4.2013