Neonazi-Konzert in Kreuzberg – Leider kein Einzelfall

Am Samstag, den 12. Dezember, fand im Kreuzberger Club „Chesters“ ein neonazistisches Konzert statt. , über den bereits mehrfach auf „Berlin rechtsaußen“ berichtet worden war, präsentierte seine neue CD. Schon zuvor gab es 2015 in dieser Lokalität Veranstaltungen, mit denen ein extrem rechtes Publikum angesprochen wurde.

 
Präsentation von Bildmaterial der Waffen-SS direkt neben der Bühne in der Sapnu Fabrika.

Der Club „Chesters“ in der Kreuzberger Glogauer Straße ist unscheinbar. Lediglich die Leuchtreklame an der Hofeinfahrt verweist auf den im Hinterhof gelegenen Club in unmittelbarer Nähe des Görlitzer Parks. Auch das Interieur sowie die Facebook-Seite sind unverdächtig. Die Ankündigungen für die offensichtlich eigens organisierten Partys richten sich an ein tanz- und feierwütiges Publikum: Reggae&Dancehall, Hip-Hop und R&B, Synth-Pop und Electro stehen unter anderem auf dem Programm. Doch andere Veranstaltungen, die im „Club zum Mieten !!“ – so die Selbstbezeichnung – stattfinden und nicht im offiziellen Programm des „Chesters“ gelistet sind, haben es in sich.

Sacha Korn mit Band beim Konzert im Kreuzberger Club Chesters Inn am 12. Dezember 2015. (Screenshot von der Facebook-Seite von Sacha Korn).

Sacha Korn erfolgreich klandestin

Am Samstag, den 12. Dezember, etwa fand hier das Konzert des neonazistischen Musikers Sacha Korn und seiner gleichnamigen Band statt, das bereits über etliche Wochen ohne Ortsangabe angekündigt worden war. Erstmals fiel der bis dahin gänzlich unbekannte Musiker im Jahr 2011 auf, als Songs auf einer NPD-Schulhof-CD und Interviews und Berichterstattungen in extrem rechten Publikationen wie etwa der „Zuerst!“ und der „Hier und jetzt“, einem zentralen Organ der Jungen Nationaldemokraten (JN), erschienen.[1] Heute scheint Sacha Korn über beste Kontakte in extrem rechte Strukturen zu verfügen, spielte unter anderem Konzerte mit der Neonazi-Hooligan-Band „Kategorie C“[2] und beim neurechten „Zwischentag“.[3] Darüber hinaus ist er Werbepartner der extrem rechten Bekleidungs-Marke Erik&Sons.

Screenshot des Werbevideo von "Erik&Sons" mit einem Song von Sacha Korn
Screenshot des Werbevideo von „Erik&Sons“ mit einem Song von Sacha Korn

Wie bei extrem rechten Veranstaltung üblich, organisiert auch Sacha Korn seine Konzerte meist klandestin. Um antifaschistischer Intervention oder aber auch staatlicher Repression zu entgehen, wird der Ort erst nach Erwerb des Tickets bekanntgegeben. Während in der Vergangenheit trotz der versuchten Geheimhaltung einige Konzerte von Sacha Korn dank antifaschistischer Recherche verhindert werden konnten, gelang das diesmal nicht.

Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte Sacha Korn am 16. Dezember Fotos des Konzerts. Die aus dem Publikum gemachten Aufnahmen zeigen die Band während des Auftritts.[4] Auf den Lüftungsrohren im Bühnenhintergrund ist deutlich der Schriftzug des „Chesters“ zu erkennen.

Bestätigt wird dieser Eindruck durch einen Eintrag eines offensichtlichen Konzertgastes auf der Facebook-Seite des Clubs nur einen Tag nach dem Konzert: „Kleine Klasse Location. War ein super Abend. Sound bei Sacha Korn war Klasse. Getränke Preise gerade noch so erträglich.“[5]

Kommentar eines Konzertgastes (Screenshot von der Facebook-Seite des „Chesters“)

Noch eine Woche später waren sowohl in der Toreinfahrt als auch direkt am Eingangsbereich des „Chesters“ rassistische, extrem rechte Aufkleber zu finden.

Rassistische Aufkleber
im Eingansbereich und in der
Hofeinfahrt zum Chester. © apabiz

 

Kein Einzelfall

Das Konzert des letzten Wochenendes ist kein Einzelfall. Ein ganz ähnliches Szenario hatte sich bereits im Frühjahr 2015 abgespielt. Für den 28. März hatte die österreichische Band „Allerseelen“[6], die unter anderem wegen ihrer ästhetischen und textlichen Bezüge zur Waffen-SS „seit Jahrzehnten zum extrem rechten Flügel der Neofolk-Szene“[7] zu zählen ist, ein Konzert in Berlin-Kreuzberg angekündigt. Auch hier ließ sich die Lokalität aufgrund der klandestinen Organisation nicht im Vorfeld ermitteln. Es waren ebenfalls Fotos vom Auftritt, die im Nachhinein verrieten, dass das Konzert im „Chesters“ stattgefunden hatte.

Erst vor wenigen Wochen fand Mitte November unter dem Titel „Verlorenes Berlin“ zudem eine Neofolk-Party im „Chesters“ statt. Ein antiemanzipatorisches und zu Teilen offen rechtes Publikum dürfte auch bei dieser voll auf seine Kosten gekommen sein. In der im Nachhinein im Internet veröffentlichten Playlist des Abends jedenfalls findet sich das Who-Is-Who der (extrem) rechten Bands dieses und ähnlicher Genres, wie etwa „Blood Axis“, „Death In June“, „Dernière Volonté“ und „Sonne Hagal“.(7)

Playlist der "Verlorenes Berlin"-Party am 14. November 2015 im "Chesters". (Screenshot von der Facebook-Seite von "Verlorenes Berlin")
Playlist der „Verlorenes Berlin“-Party am 14. November 2015 im „Chesters“. (Screenshot von der Facebook-Seite von „Verlorenes Berlin“)

Postionierung der Betreibenden erforderlich

Ob eine tatsächlich ideologische oder organisatorische Nähe zur extremen Rechten oder aber eine unkritische, ausschließlich durch finanzielles Kalkül geprägte Ladenpolitik der Grund für das Verhalten der Betreibenden des „Chesters“ ist, bleibt vollkommen unklar. Fakt ist, dass sich in Kreuzberg eine für extreme Rechte attraktive Partylocation und sogar eine Möglichkeit für neonazistische Konzerte zu etablieren droht. Eine besorgniserregende Entwicklung, nicht zuletzt weil durch die verstärkte Anwesenheit von extremen Rechten zahlreiche Menschen im Kiez einer erhöhten Bedrohung und Gefährdung ausgesetzt sind. Für den 20. Februar 2016 wird von „Verlorenes Berlin“ bereits die nächste Neofolk-Party im „Chesters“ angekündigt.[8] Jetzt ist es an den Betreibenden des „Chesters“, sich dazu zu verhalten und sich zu solchen Veranstaltung in ihren Räumlichkeiten zu positionieren.

Ankündigung für die nächste "Verlorenes Berlin"-Party im "Chesters" (Screenshot von der Facebook-Seite von "Verlorenes Berlin)
Ankündigung für die nächste „Verlorenes Berlin“-Party im „Chesters“ (Screenshot von der Facebook-Seite von „Verlorenes Berlin)

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Korrektur vom 23. Dezember 2015 um 17:45 Uhr:

Fälschlicherweise wurde in der ersten Textversion „Dead Can Dance“ als rechte Band betitelt. Das ist falsch! Gemeint war selbstverständlich die ebenfalls in der Playlist genannte Band „Death In June“. Wir möchten uns an dieser Stelle für den Fauxpas entschuldigen und bedanken uns bei den Personen, die uns darauf hingewiesen haben.

  1.   https://rechtsaussen.berlin/2011/05/patriotischer-pop-rocker/
  2.  https://rechtsaussen.berlin/2012/07/%e2%80%9ees-soll-deutsch-klingen/
  3.  https://rechtsaussen.berlin/2014/01/zwischen-burschenschaftlern-und-identitaeren/
  4.  https://de-de.facebook.com/sachakorn.music
  5.  https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1667828866789515&id=100006872538203&substory_index=0
  6.  https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9E-stahlgewittern%E2%80%9C
  7.   https://rechtsaussen.berlin/2015/03/extrem-rechtes-konzert-in-kreuzberg-geplant/
  8.  https://www.facebook.com/events/543616255785852/
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