Von Österreich nach Berlin-Kreuzberg: das avantgardistische Neofolk-Projekt „Allerseelen“ aus Österreich will am 28. März (Sonnabend) ein Konzert in Berlin-Kreuzberg spielen. Dies geht aus einer Ankündigung hervor, die derzeit auf Facebook und Tumblr kursiert. „Allerseelen“ gehören seit Jahrzehnten zum extrem rechten Flügel der Neofolk-Szene. Auf einem Albumcover ist das SS-Symbol der „Schwarzen Sonne“ abgebildet. Auch einen Gedichtzyklus des SS-Gruppenführers und „Ariosophen“ Karl Maria Wiligut hat „Allerseelen“ vertont.
Das nun anberaumte Konzert in Berlin wird halbkonspirativ organisiert. Es gibt keine Abendkasse und der Konzertort wird vorab nicht bekannt gegeben. Wer vorher Tickets kauft, werde 24 Stunden vor dem Auftritt über die genauer Location informiert, heißt es in der Ankündigung lapidar. Im entsprechenden Facebook-Eintrag ist vermerkt, dass das Konzert in Kreuzberg stattfinden solle.
Es ist damit zu rechnen, dass das Konzert eine große Anzahl von extrem rechten Neofolk-Fans nach Kreuzberg locken wird. Durch die Verheimlichung des Veranstaltungsortes soll die störungsfreie Abwicklung eines extrem rechten Events im linksalternativ geprägten Stadtbezirk (oder auch in einem Nachbarbezirk) ermöglicht werden. Möglicherweise sind sich die Verantwortlichen des geplanten Veranstaltungsorts über den Charakter des Konzerts nicht im Klaren.
Hinter dem 1987 gegründeten Projekt „Allerseelen“ steht der österreichische Musiker Gerhard Petak (auch unter den Alias-Namen „Hallstatt“ und „Kadmon“ bekannt). Neben Hommagen an die „Schwarze Sonne“ und an SS-Dichtkunst hat „Allerseelen“ eine Veröffentlichung der nationalsozialistischen Antarktis-Expedition „Neuschwabenland“ gewidmet. Weiterhin gibt es Würdigungen von einschlägigen historischen Figuren wie der NS-Filmemacherin Leni Riefenstahl, des Faschisten Julius Evola oder dem SSler Otto Rahn. „Allerseelen“-Kopf Gerhard Petak veröffentlichte neben seinem musikalischen Output auch das Fanzine „Aorta“ (später: „Ahnstern“). In einem Heft wird von Petak die rumänische Faschistengruppe „Eiserne Garde“ verherrlicht als eine „spirituelle Bewegung, deren Ziel der Kampf gegen den Panzermaterialismus und alle Weltanschauungen, die das Stoffliche über den Geist stellten“. Petak hat als Gastautor zudem in anderen extrem rechten Zeitschriften wie den „Staatsbriefen“ geschrieben.
Die extrem rechte Positionierung von „Allerseelen“ wird von Gerhard Petak dennoch bestritten. Schließlich seien im Werk von „Allerseelen“ auch Referenzen an nicht-faschistische Personen zu finden. 2005 erklärte Petak: „Gerade unsere Liebe zu kleinen Ländern und Regionen (…) bewahrt uns davor, totalitäre oder autoritäre Strukturen und Systeme zu verherrlichen.“ Wer Südtirol und Slowenien mag, könne gar kein Faschist sein, so die krude Logik. Im Buch „Looking for Europe“ grenzte sich Petak vom Nationalsozialismus nur halbherzig ab, indem er diesen mit der Demokratie gleichsetzte: Beides seien „Systeme mit zahlreichen Schattenseiten“.
Im der extrem rechten Zeitschrift „Zuerst“ ist 2014 eine ausführliche Würdigung erschienen, in der Petak und „Allerseelen“ als „erbverbunden“ und „verankert in den eigenen Traditionen“ gefeiert werden. Zum Eurovision-Gewinner Conchita Wurst kommentiert er: „Dieser Transvestit ist als Phänomen eine von vielen Lokomotiven des Westens, die gefährlich auf einen Abgrund zusteuern.“ Es wird deutlich, dass sich Petak weiter für avantgardistisch verpackte, antimoderne Ideologie begeistert – und diese über sein Projekt „Allerseelen“ am 28. März nach Kreuzberg tragen will.