„Zu völkisch kann es gar nicht geben…“ – Die Solidarität der NPD mit Frei.Wild und der inszenierte Protest der Band

 

Die völkisch-nationalistische Band Frei.Wild inszeniert sich gegen Nazis und mobilisiert ihre Fans gegen eine NPD-Kundgebung am Rande der Echo-Verleihung. Die Band war von der Veranstaltung trotz Nominierung nach Protesten anderer Bands (u.a. Kraftklub) kurzfristig ausgeladen worden. Von ihren völkisch-nationalistischen Texten und Aussagen rückt die Band in keinster Weise ab und bleibt somit inhaltlich anschlussfähig an die extreme Rechte.

Die Szenerie, die sich am Abend des 21. März bei eisigen Temperaturen und Schneefall am Rande der Verleihung des Echo, des größten deutschen Musikpreises, abspielte, war an Absurdität kaum zu überbieten: NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke und ein knappes Dutzend AnhängerInnen protestierten gegenüber des Zentralen Busbahnhofs (ZOB) mit einer Mahnwache gegen den Ausschluss der rechten Band Frei.Wild von der Veranstaltung. Etwa 30 antifaschistische Personen bezogen bei einer von den Jusos angemeldeten Gegenkundgebung Stellung – sowohl gegen die NPD als auch gegen die völkisch-nationalistischen Positionen von Frei.Wild. Seitens der Band wiederum war eigens eine Kundgebung gegen die NPD angemeldet worden. Bereits im Laufe des Nachmittags hatten sich 200 bis 300 Fans der Band aus Südtirol (Italien) zusammengefunden. Der Fanclub „Rückhalt“ war mit dem bandeigenen und entsprechend bedruckten Truck vor Ort und hatte die Fans mit weißen T-Shirts versorgt, auf denen der Aufdruck prangte: „Frei.Wild gegen Rassismus und Extremismus“. Außerdem waren extra Transparente mit für die Band üblichen reaktionären, extremismustheoretischen Parolen wie „Frei.Wild zeigt Flagge gegen Extremismus“ oder „Frei.Wild ist nicht braun und auch nicht rot und gegen Extremismus du Vollidiot“ (Zitat aus dem neuen Frei.Wild-Song „Schlagzeile groß – Hirn zu klein“) gedruckt und an die Fans verteilt worden.

Frei.Wilds mediale Inszenierung gegen die NPD

Auch die Band selbst hatte ihr Erscheinen im Vorfeld angekündigt und sich tatsächlich allein für die Kundgebung einfliegen lassen. Entsprechend euphorisch war die Stimmung unter den Fans seit Beginn der Kundgebung und vor allem als Frei.Wild vor Ort erschienen. Frenetisch wurde die Band bejubelt und genoss den Empfang sichtlich. Es war offenkudig, dass der überwiegende Teil der Fans nicht in erster Linie gekommen war, um eine klare politische Positionierung gegen die NPD abzugeben. Vielmehr wollten sie die Gelegenheit nutzen, um einmal ihren „Helden“ ganz nahe sein zu können. Das war neben der äußerst medienwirksamen und taktischen Inszenierung hinsichtlich der anhaltenden Kritik an der Band offensichtlich auch der Hauptbeweggrund der Band. Sänger Philipp Burgers anlassbezogenes Statement war dann auch äußerst knapp – zumal ohne jegliche technische Verstärkung, weshalb es nur die wenigsten seiner Fans verständlich gewesen sein dürfte. Er ließ verlauten, dass das Kommen der Band angeblich nichts mit ihrer Ausladung vom Echo zu tun habe.  Die Band wolle ausschließlich ein Statement gegen die NPD setzen. Seine Motivation, gegen die NPD zu protestieren, betonte er im für die Band üblichen Ton: „Wir sind gegen Extremisten an beiden Enden. Ob von links oder rechts – wir scheißen drauf. Das ist unsere Message.“  Schon im nächsten Satz forderte Burger dann allerdings, dass man die NPD-AnhängerInnen doch am Besten einfach gar nicht beachten solle, sofern sie denn überhaupt kämen. Sie waren gekommen – wenn auch nur einige wenige, standen auf der anderen Straßenseite und hätten gegen sie gerichtete Sprechchöre von 200-300 Personen mit Sicherheit hören können. Dies wurde seitens der Band und ihrer Fans aber nicht einmal versucht. Viel zu sehr waren sie mit sich selbst beschäftigt – nahezu alle Anwesenden schienen ihr persönliches Foto mit der Band oder zumindest einzelnen Mitgliedern machen zu wollen. Das Ganze wurde zum happeningartigen Meet&Greet. Der eigentliche Anlass geriet von einem Moment auf den nächsten ins Hintertreffen.

Die NPD schweigt frierend für Frei.Wild

Das Dutzend NPD-AnhängerInnen um Sebastian Schmidtke (neben etlichen unbekannten war der Brandenburger NPD-Kader Maik Schneider angereist) schien sich selbst ein bisschen verloren vorzukommen. Die Stimmung wirkte zusätzlich gedrückt, nachdem die Mahnwache zwangsläufig noch stiller als geplant ablaufen musste. Nach nur wenigen Sekunden des ersten Frei.Wild-Songs, der als Zeichen der Solidarität abgespielt werden sollte, hatte die Technik versagt. Sebastian Schmidtke zeigte sich jedoch gewohnt auskunftsfreudig und gab einem Berliner Lokalsender ein Interview. Ähnlich wie Frei.Wild und ihre Fans sich nicht mehr für die NPD zu interessieren schienen, versuchte auch Sebastian Schmidtke vom Geschehen auf der anderen Straßenseite ablenken zu wollen: „Uns geht es ja auch nicht um die Band Frei.Wild. Uns geht es generell um das Anliegen Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit, und die ist natürlich jetzt mit der Band Frei.Wild gekommen, das natürlich unser Anliegen dementsprechend ist. Es hätte natürlich jede andere Band treffen können, die patriotische Texte macht.“ Auf den Kommentar des Reporters, dass Kritiker_innen der Band vorhalten „zu völkisch“ zu sein, erwiderte der Neonazi Schmidtke auf seine ganz eigene „philosophische“ Art: „Zu völkisch kann es gar nicht geben. Ein Volk muss natürlich in sich wieder wachsen und daher kann es zu völkisch eigentlich gar nicht geben.“ Anschließend standen die Neonazis noch etliche Zeit mit ihren Transparenten frierend in der Kälte, auch nachdem die Frei.Wild-Fangemeinde ihre Kundgebung schon längst aufgelöst hatte und zu einer „Aftershowparty“ verschwunden war.

Protest bleibt notwendig!

Auch wenn diese Demonstrationen mehr als absurd waren, bleibt Protest nicht nur gegen die NPD sondern auch gegen Frei.Wild wichtig und notwendig. Denn Frei.Wilds völkischer Nationalismus und die damit einhergehende Anschlussfähigkeit an die extreme Rechte bleiben nach wie vor bestehen. Oder wie es ein antifaschistischer Gegendemonstrant auf den Punkt brachte: „Wo die NPD demonstriert, da werden wir sein, da müssen wir Präsenz zeigen. Aber eben auch [gegen] diese Ideologie, die Frei.Wild und dieses Weltbild, was die verbreiten.“ Er zeigte sich erfreut darüber, dass das „mittlerweile auch einigermaßen so wahrgenommen wird, was das für eine Band ist und wie gefährlich die auch sind.“

 

 

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