„Ein Teil von mir ist ein Teil von dir. Warum werd ich dann verbannt, wenn ich sage: Ich liebe dieses Land“ klagt eine Männerstimme in einem Lied, dessen Zeilen dem Musiker zu fragwürdiger Berühmtheit verhalfen. Die NPD Sachsen-Anhalt untermalte mit dem Titel „Mein Land“ musikalisch ihr Wahlkampfvideo für die Landtagswahl im März 2011. Mehrere Wochen nach Veröffentlichung des Videos, mit Erscheinen der für den Wahlkampf produzierten NPD-Schulhof-CD, wurde bekannt, wer für den professionell produzierten Song verantwortlich ist: der Berliner Musiker und Produzent Sacha Korn.
Bis zu diesem Zeitpunkt war Korn nicht als Interpret in der neonazistischen Musikszene aufgefallen und doch fanden sich gleich drei seiner Lieder auf der Schulhof-CD wieder. Es bestehe „keine Kooperation“ mit der NPD, teilte der Musiker auf Nachfrage der Autoren mit. Die neonazistische Partei habe die Nutzungsrechte über ein Management in Kanada erworben. Nur zwei Tage nach der Anfrage veröffentlichte Korn ein Statement auf seiner Internetseite, in dem es heißt, er habe sein Management nun angewiesen, „politischen Parteien und Organisationen – speziell in Deutschland – keine weiteren Rechte“ an seinen Liedern abzutreten.
Alles scheint, als sei der Musiker durch einen Fehler seines Managements und damit ungewollt in das Fahrwasser der NPD geraten.
Doch in die Zeit der Veröffentlichung der Schulhof-CD fiel auch ein Interview mit dem sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Arne Schimmer für die neonazistische Zeitschrift Hier&Jetzt, die vom NPD-nahen Bildungswerk für Heimat und nationale Identität herausgegeben wird. Auch hierfür hat Sacha Korn eine Erklärung: Da er in den vergangenen Jahren viel im Ausland unterwegs war, sei ihm die „Unterteilung in, Gute und Böse Presse, nicht so geläufig“. Auf seiner Internetseite stellte er klar: „Ich gebe jedem ein Interview“. Weiter heißt es, dass man in „Deutschland viel zu wenig Fragen stellt“, etwa „Fragen über Kriegsschuld, die daher rührende Trennung und wirtschaftliche Widervereinigung eines Teils Deutschlands, über die Migrationsproblematik, Rassismus Deutschen gegenüber oder über die Abschaffung aller Nationalstaaten, um nur ein paar zu nennen.“
Auf dem Weg nach oben
Beschäftigt man sich ein bisschen genauer mit Sacha Korns Werdegang, wundert man sich über dessen Äußerungen und das Interview mit einer neonazistischen Zeitschrift. Diese scheinen im Widerspruch zu stehen mit seinen bisherigen offensiven Versuchen, im Pop-Business international erfolgreich zu sein. Frühere Kooperationspartner bezeichnen den Musiker als sehr ehrgeizig.
Der in Teltow bei Berlin aufgewachsene Sacha Korn ist laut eigener Biographie viel herumgekommen und hat sowohl mit seinen eigenen musikalischen Projekten wie auch später mit seinem Label East-international-music mit zum Teil namhaften internationalen KünstlerInnen zusammengearbeitet. So ist er mit seiner ersten Band Korn & Flakes in den 1990er Jahren u.a. mit Subway To Sally aufgetreten. Die Band ging auf Nachfrage auf Distanz und war schockiert über die Verstrickungen des Musikers. „In unserer Szene (Mittelalter-Metal) gibt es eher selten Probleme mit Neonazis. Natürlich würden wir niemals eine Band unterstützen, die hier aktiv ist oder inhaltlich damit sympathisiert.“ erklärte die Gruppe. Vor einigen Monaten versuchte Korn erneut sein Glück bei Subway to Sally, um wieder auf Konzerten im Vorprogramm spielen zu können. Aus „künstlerischen Gründen“ wurde das Angebot abgelehnt. „Hätten wir im Ansatz von den Dingen gewusst“, heißt es, „hätte es keines künstlerischen Grundes bedurft“.
Erfolgreicher Globetrotter
Nach einem Musikstudium in Los Angeles gibt Korn an, für mehrere Jahre in Ost-Europa gelebt, dort eigene musikalische Erfolge gefeiert, ein Netzwerk zu renommierten KünstlerInnen aufgebaut und schließlich sein Label gegründet zu haben. Dadurch sei auch ein Beratervertrag für den in den 1980er Jahren erfolgreichen Terence Trent D’Arby zustande gekommen, um diesen bei der Veröffentlichung seines Albums „Wildcard! The Joker’s Edition“ in Osteuropa zu unterstützen. Neben den Veröffentlichungen der eigenen Projekte und denen einiger unbekannter KünstlerInnen, schmückt sich Korn auf seinem Label zudem mit der ehemaligen „Deutschland sucht den Superstar“-Kandidatin Vanessa S..
„Neue Deutsche Härte“
Seit seiner Rückkehr nach Berlin versucht Sacha Korn auch in Deutschland mit seiner eigenen Musik erfolgreich zu sein. Doch mit seinem Mix aus „Neuer Deutscher Härte“, Techno der 1990er Jahre und Pop-Rock ist ihm dies bisher nur bedingt gelungen. So findet er zwar positive Erwähnung auf den Online-Portalen der Musik-Magazine Legacy und Zillo, doch die Kritiken von Hörern fallen zum Teil vernichtend aus. Trotzdem habe es sein 2009 veröffentlichtes Album „NoKOut“ auf Platz drei der Alternative-Charts geschafft. Der ganz große Wurf, bei einem Major-Label unter Vertrag zu kommen, sei ihm aber bisher verwehrt worden, weil er nicht „politisch korrekt“ genug sei.
„Tausend Jahre Fluch“
Ganz unbegründet scheint dieser Vorwurf nicht, denn seine zum Teil nationalistischen, revisionistischen und rassistischen Äußerungen und Liedtexte zeigen unweigerlich eine ideologische Nähe zur extremen Rechten.
So heißt es beispielsweise an einer Stelle im Lied „Mein Land“: „Wie lang warst du besetzt und hast dich verloren. Du kannst nur dich selber hassen. […] Zwölf Jahre deiner Geschichte sind tausend Jahre Fluch. […] Wo sind meine Wurzeln? Ich kann die nur nicht finden, bis du dich befreist.“ Auf seiner kürzlich im April erschienenen CD „Deviationist“ befindet sich ein Lied mit dem Titel „Vertrieben“. Darauf im Interview mit der neonazistischen Hier&Jetzt angesprochen, redet er Klartext: „Wenn man mir dann noch erklären will, wie schön die polnischen Städte sind und dann Danzig, Stettin und Breslau aufzählt, kann ich meinen Mund einfach nicht mehr halten.“
Auch zum Thema multikulturelle Gesellschaft meldete er sich zu Wort und lässt seinen durch Überfremdungsangst bedingten Ressentiments freien Lauf. So sei er zu seinem dreijährigen Aufenthalt im polnischen Lodz geradezu „abgehauen […], um wieder bei mir zu sein, mich wieder deutsch zu fühlen. Das muß man sich mal vorstellen, wie weit das schon gekommen ist. Wenn ich dann nach Berlin kam, dachte ich, ich wäre irgendwo in einem Zigeunerviertel oder im Orient.“
Trotz dieser unmissverständlichen Äußerungen tritt Korn immer wieder in einigen bekannten Konzert-Locations in Berlin auf, zuletzt im Jahr 2010 im Knaack-Club sowie im Rahmen des Berliner Emergenza-Nachwuchsfestivals. Seinen nächsten Auftritt hat er am kommenden Samstag in einem Köpenicker Box-Club.
Sacha Korn kann den aktuellen Wirbel um seine Person nicht verstehen. Er sieht sich einer Kampagne gegen seine Person ausgesetzt. Für Politik interessiere er sich nicht wirklich. Letztlich sei er nur ein Patriot aus der Mitte der Gesellschaft.
Bildquelle: Screenshot www.sachakorn.de