Der 28jährige Dahl verliest seinen 47 Sekunden langen Text an den früheren Vorsitzenden der militante Neonazigruppe „Slavyansky Soyuz“ (SS), Dmitri Demuschkin, mit einigen Mühen. Gleich zu Beginn seiner Rede versucht er mit einem verschmitzen Grinsen Antisemitismus als gemeinsamen Nenner zwischen deutschen und russischen Neonazis ins Spiel zu bringen: Man kämpfe gemeinsam gegen „einen noch übermächtigen Feind (…) Ich sage nur lange Nase, Locken(…)“. Dmitri Demuschkin und seinen Kameraden richtet er aus: „Haltet durch und lasst euch nicht unterkriegen. Es werden wieder bessere Zeiten kommen.“
NS-Gruppe „Slavyansky Soyuz“ in Moskau verboten
Hintergrund dieser öffentlichen Sympathiebekundung dürfte das Verbot der Moskauer Neonazi-Gruppierung Ende April 2010 sein. Das Moskauer Stadtgericht sah eine rassistische Grundhaltung sowie die aktive Verbreitung einer Ideologie, „welche der des nationalsozialistischen Deutschlands ähnlich sei“ als erwiesen an. „Wir werden definitiv den Obersten Gerichtshof anrufen“, sagte Dmitri Demuschkin nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax.
Zu der Nachrichtenagentur AP soll der Neonazi-Führer geäußert haben, das Verbot werde zu einer Zunahme der Gewalt führen: Seine Anhänger würden „Autos anzünden, Kraftwerke sprengen, Beamte ermorden und andere Verbrechen begehen“, weil die russische Regierung „legalen Nationalismus“ eliminiere. Demuschkin selbst soll im Sommer 2005 an einem Sprengstoffanschlag auf eine Moschee bei Moskau beteiligt gewesen sein. Mehrfach habe der Slawische Bund auch Internetseiten von Menschenrechtsorganisationen und jüdischen Organisationen in Russland lahmgelegt.
Dahl: NS-Aktivist mit Terrorneigung
Dass ausgerechnet Sebastian Dahl sich mit militanten Neonazis solidarisiert überrascht Szenekenner nicht. Das Antifaschistische Infoblatt berichtete im Sommer 2005 über die Verurteilung Sebastian Dahls zu fünf Jahren Haft wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz. Er war im Sommer 2001 bei einem Brandanschlag auf AntifaschistInnen beteiligt gewesen.
Sebastian Dahl nimmt seit seiner Haftentlassung in diesem Jahr wieder an NPD-Veranstaltungen teil. Noch in seiner Haftzeit hatte er verkündet: »Politisch werde ich nicht ruhiger werden. Das weiß ich schon heute!« Gemeinsam mit jungen Berliner Neonazis fotografierte er erst kürzlich Teilnehmer einer antifaschistischen Gedenkveranstaltung in Berlin-Karlshorst. Seine Begleiter werden einer Gruppe Neonazis zugerechnet, welche durch zweifelhafte Strafanzeigen gegen AntifaschistInnen und Prozessbeobachtungen versuchen an Adressen von politischen Gegnern zu kommen. Deren Bilder und Namen wurden in der Folge auf einem neonazistischen Internetportal veröffentlicht (Motto „Linke haben Namen und Adressen“).
Ein Zusammenhang zwischen dieser Datensammlung und den Zielen der Anschlagsserien gegen linke Einrichtungen und an den Meldeadressen von AntifaschistInnen in Berlin-Neukölln und Kreuzberg erscheint mehr als plausibel.