Frei.Wild: die Band, die Wahrheit, der Hitlergruß

Das Frühjahr 2015 verspricht für die Südtiroler Band Frei.Wild aufregend zu werden. Gerade konnte sich die Gruppe erneut über eine Nominierung zum Echo-Musikpreis freuen. Nun erscheint am 3. April das neue Album „Opposition“, das aller Wahrscheinlichkeit nach ganz hoch in den Charts landen wird. Mit dem Konzert am 9. April in Schwerin startet eine große Tour, die durch diverse deutsche Städte führen wird.

 
Philipp Burger (oben, mit Hitlergruß) im Booklet der "Kaiserjäger"-CD (Repro: Apabiz)
Philipp Burger (oben, mit Hitlergruß) im Booklet der „Kaiserjäger“-CD (Repro: apabiz)

Frei.Wild stellen sich auf dem neuen Album als eine Band dar, die ganz besonders authentisch, aufrichtig und wahrheitstreu sein will. Ein Lied trägt den Titel „Die Band, die Wahrheit bringt“ – damit meinen Frei.Wild sich selbst. Sie singen:

„Wir sind und bleiben für immer / Das was wir wirklich sind / Männer, die zu ihrem Wort stehen / Eine Band, die Wahrheit bringt.“

In einem anderen Lied, „Wir brechen eure Seelen“, klagen Frei.Wild, dass insbesondere Menschen, die die Band kritisch sehen, es mit der Wahrheit nicht so genau wie sie selbst nehmen würden:

„Lügen, Lügen, Lügen haben immer kurze Beine / Leichen im Keller, Leichen im Keller / habt nur ihr und wir haben keine / Und wir wissen, ja wir wissen / Wer am Ende übrig ist / Ihr seid es nicht, weil das Gewissen Eure Seele bricht“

Kommen wir kurz auf eine der Leichen im Keller des Frei.Wild-Deutschrockkonzerns zu sprechen. Vor Frei.Wild sang Philipp Burger in der 1998 gegründeten Rechtsrock-Band Kaiserjäger. Die Band löste sich 2001 auf, nachdem es bei einem Konzert zu einer Massenschlägerei zwischen deutsch-südtirolischen und italienischen Naziskinheads gekommen war. Burger gründete noch im gleichen Jahr Frei.Wild.

Kaiserjäger jedenfalls war eine Skinheadband, in der manches drunter und drüber ging und die es mit dem Patriotismus, nun ja, vielleicht etwas übertrieb. Das räumen auch Frei.Wild ein. Eins seien Kaiserjäger aber nicht gewesen und auf diese Feststellung legen Frei.Wild sehr viel Wert: eine Naziband.

O-Ton Philipp Burger in einem Interview 2012:

Sie waren Sänger der Band „Kaiserjäger“. War das eine Naziband, wie es auf zahlreichen Seiten im Internet nachzulesen ist?

Burger: Nein, das war keine Naziband, sondern eine Band von drei Jugendlichen, die darin ein dreiviertel Jahr lang Akkorde geübt hat. Es ging um Liebe, Freundschaft und Alkohol.

In einer offiziellen, von der Band autorisierten Frei.Wild-Bandbiografie („Allein nach vorne“, 2011) wird über Kaiserjäger geschrieben:

Dabei nehmen sich die Jungs vor, lediglich patriotische Songs zu schreiben. Was die übrige Musik betrifft, so bezeichnet Philipp sie zwar als provokativ und patriotisch, aber Kaiserjäger ist keine Nazi-Band.“ (S. 37)

Es habe damals leider auch, so heißt es im Fan-Buch weiter, unfaire Nazivorwürfe gegeben:

„[Kaiserjäger zieht in] einen Proberaum im Jugendzentrum von Brixen um. Dort sind sie ab dem ersten Tag völlige Außenseiter. […] Die anderen Jugendlichen beschimpfen sie als Nazis und Ewiggestrige, doch dieser Kategorie will sich Philipp nicht zuordnen lassen.“ (S. 36)

Kaiserjäger veröffentlichten eine Demo-CD, die den Titel „Raff dich auf“ trägt und in kleiner Auflage erschien. Ein Blick in das Beiheft der Kaiserjäger-Veröffentlichung fördert Erstaunliches zutage: Zu sehen sind Gruppenbilder von böse bis beschwipst dreinschauenden Naziskinheads, unterlegt mit der Inschrift „Skinheads Brixen 1995-2000“. Ein paar Leute recken ihre rechten Arme zum Hitlergruß. Auch Philipp Burger posiert im Booklet: Glatze, Bomberjacke – und mit gestrecktem Arm. Neben ihm steht ein Mann in italienischer Polizeiuniform.

Philipp Burger (oben, mit Hitlergruß) im Booklet der "Kaiserjäger"-CD (Repro: Apabiz)
Philipp Burger (oben, mit Hitlergruß) im Booklet der „Kaiserjäger“-CD (Repro: apabiz)
Kühnengruß im Booklet der "Kaiserjäger"-CD. Links daneben Philipp Burger. (Repro: Apabiz)
Kühnengruß im Booklet der „Kaiserjäger“-CD. Links daneben Philipp Burger. (Repro: apabiz)

Wenn man das Zeigen des Hitlergrußes als Bekenntnis zum Nationalsozialismus gelten lässt – was soll es sonst sein? – und Kaiserjäger den Hitlergruß in ihrer CD feierten – dann muss man Kaiserjäger wohl als Naziband einordnen. Und mit den Behauptungen, die Frei.wild-Vorgänger hätten mit Neonazismus nichts am Hut gehabt ist es demzufolge nicht allzu weit her. Frei.wild, so darf man meinen, lügen ihre Fans und die Öffentlichkeit an.

Übrigens loben sich Frei.Wild in einem Werbetext zur aktuellen Tour als Vorreiter im Kampf gegen jeden „Extremismus“:

„Keine andere Band der letzten Jahre kann von sich behaupten, dermaßen wertvolle Präventivarbeit gegen alle politische Extreme geleistet zu haben, wie diese deutsch singende Rockband aus Südtirol, die im Begriff Heimat die Basis des zufriedenen Lebens sieht.“

Bei dieser Formulierung dürfte es sich um eine Anspielung auf das Lied „Wahre Werte“ handeln, in dem tatsächlich der Begriff „Heimat“ als Basis für eine verschwurbelt-völkische Mixtur aus „Sprache, Brauchtum und Glaube“ genutzt wird: „Patriotismus heißt Heimatliebe“, inklusive Abgrenzung von „Faschisten, Nationalsozialisten“. Im dazugehörigen Video (ab Minute 1:41) wird in affirmativer Absicht ein Gedenkstein für Mitglieder der rechten Terrorgruppe „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) eingeblendet.

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